Nach dem «Dürrejahr» 2018 stellen sich viele Landwirte die Frage: Wie muss ich meinen Futterbau anpassen, damit ich künftig lange trockene Phasen besser über-
stehe? Guter Rat ist hier teuer.

Niemand weiss, wie das Klima in diesem Jahr sein wird. Wäre das Klima wie 2018, müsste beispielsweise zu einer möglichst frühen Mais-Aussaat ab 20. April geraten werden, sofern es die Bodenbedingungen zulassen.

Der Boden und das lokale Klima sind entscheidend

Denn wer 2018 früh säte, hatte Glück. Diese Maispflanzen profitierten während der ersten Wachstumsphase von idealen äusseren Bedingungen mit genug Feuchtigkeit und kamen dadurch gestärkt durch die Sommerhitze.

Mit dieser Taktik kann man aber auch Pech haben. Wenn der Frühling lange sehr nass und kalt ist, wird das Auflaufen der Saat dadurch behindert.

Letztlich muss jeder Landwirt primär aufgrund der Beschaffenheit seiner Böden und des «üblichen» Klimas in seiner Region entscheiden. Wenn er kann, sollte er aber das Risiko auf verschiedene Futterbau-Kulturen respektive Gras-Mischungen verteilen. Landwirt Stefan Zumsteg aus Wil AG spürte 2018 die Trockenheit in seinen Kulturen ebenfalls. Sein flachgründiger, steiniger Boden kann die Feuchtigkeit schon von Natur aus nicht gut speichern. Mit dem Anbau von Sorghum (Sudangras) wirkt er dem seit drei Jahren entgegen. Diese Getreideart stammt ursprünglich aus Westafrika und ist an heisses und trockenes Klima angepasst.

Sorghum hält Trockenheit aus, weiss Landwirt Stefan Zumsteg

Sorghum ist wie Mais eine C4-Pflanze, die sich bei sonnigen Umweltbedingungen mit langen Tagen besonders gut entwickelt. Es benötigt aber weniger Wasser und kann mit trockenen Phasen besser umgehen als Mais. «Im letzten Sommer stellte mein Sorghum das Wachstum während der schlimmsten Trockenheits-Phase zeitweise ein. Sobald wieder Feuchtigkeit da war, wuchs es aber weiter», sagt Zumsteg.

Die Sorghum-Blätter sind mit einem Wachs überzogen. Bei Trockenheits-Stress schliessen sich die Spaltöffnungen und die Pflanze fällt in einen Ruhezustand, bis wieder Wasser verfügbar ist. Ein anderer Grund für Zumsteg, anstatt auf Mais auf Sorghum zu setzen: Die in der Gegend häufigen Wildschweine verschmähen das Sorghum.

Sorghum darf nicht zu dicht stehen und braucht wenig Düngung

Rat über den Anbau von Sorghum holte sich Stefan Zumsteg in Mittelamerika, bei einem Landwirt mit Schweizer Wurzeln. Ein Lohnunternehmer wird bei ihm voraussichtlich Anfang Juni rund 20 00 der kleinen Samen pro Hektare mit einem Zuckerrüben-Saatgut-Gerät aussäen.

Das seien deutlich weniger, als die Berater sonst empfehlen, erklärt Zumsteg. «Weniger Pflanzen haben dickere Stängel und damit mehr Standfestigkeit. Die Erntemenge am Schluss unterscheidet sich kaum.»Ein Problem sei sonst, dass das bis zu 5 Meter hohe Sorghum umfalle und die Ernte dann schwierig werde.

Deshalb ist Stefan Zumsteg auch bei der Düngung zurückhaltend: «Die Hälfte der empfohlenen 80 kg Stickstoff reicht.» Vor dem Umbruch der Kunstwiese – diese steht bei ihm in der Fruchtfolge vor dem Sorghum – bringt er nur Mist und Gülle aus, ergänzt mit effektiven Mikroorganismen (EM).

Nach der Aussaat bekämpft er das Unkraut mit dem Herbizid Dual Gold. Damit die Saat aufgeht, braucht es trotz allem genug Bodenfeuchtigkeit. Und bei Spätfrost geht die Pflanze ein.

Bis zur Ernte im Herbst sei das Sorghum dann aber relativ anspruchslos. Zumsteg siliert die ganze Pflanze bei einem angestrebten Trockensubstanz-Gehalt von 30 Prozent. Er verwendet die dafür besonders gut geeignete Sorte Amiggo. Möglich wäre auch ein Mehrfachschnitt als Zwischenfutter.

Auch dank dem Sorghum reichte im Winter 2018/19 das eigene Futter für seine 13 Mutterkühe und die Kälber problemlos aus. Bei den Kühen sei die Sorghum-Silage zwar nicht zuoberst auf der Beliebtheits-Skala, sagt Zumsteg. «Doch zusammen mit der Gras-Silage, Heu und etwas Weizenkleie fressen sie es problemlos».

Vor allem Landwirte mit grösseren Betrieben nutzen Sorghum

Vor etwa zwanzig Jahren gab es schon einmal einen Sorghum-Hype, der aber abgeflacht ist. Jeweils nach trockenen Jahren steigt aber das Interesse am Sorghum. Das ist auch jetzt der Fall.

«Vor allem Landwirte mit grösseren Betrieben sichern sich so ihre Erträge gegen Trockenheit ab», sagt Marc Lehmann von Eric Schweizer AG. Komplett-Umsteller seien aber selten. Viele würden nur einen Teil der Mais-Anbaufläche mit Sorghum ersetzen, um das Risiko aufzuteilen. Es gibt sogar Bauern, die Sorghum zusammen mit Mais als Mischkultur anbauen. Sorghum und Mais können auch gemeinsam siliert werden.

Die Kultur ist eher etwas für Mutterkuh-Halter wie Stefan Zumsteg, bei denen das Futter etwas weniger energieintensiv sein darf.

Man müsse sich im Klaren sein, dass Sorghum dem Mais qualitativ nur in trockenen Jahren überlegen sei, sagt Futterbau-Experte Lehmann. «Grundsätzlich kann er den Mais nicht ersetzen.» Stefan Zumsteg sieht für seine Tiere aber eher die Vorteile: «Meine Angus-Kühe würden mit Mais in der Futter-Ration verfetten.»

Der Handlungsspielraum für Landwirte mit Futterbau, sich auf Dürreperioden vorzubereiten, ist relativ bescheiden. Massnahmen müssen immer dem Standort angepasst sein.

Trotzdem gibt es Möglichkeiten, um die Risiken von Verlusten wenigstens abzufedern. Ein humusreicher Boden beispielsweise kann die Bodenfeuchtigkeit besser speichern. Deshalb ist der Anbau von Gründüngungen oder Kunstwiesen in der Fruchtfolge sicher ratsam, da diese den Humus-Aufbau begünstigen.

Eine andere Möglichkeit ist im Futterbau die Wahl von trockenheitsresistenten mehrjährigen Mischungen. Zum Beispiel die Mischung UFA 300 mit Mattenklee und Gras, die im Normalfall ohne Stickstoff auskommt. Oder die Mischung UFA 462, die neben Weissklee und etwas englischem Raigras vor allem aus tiefwurzelndem Rohrschwingel und keimbeschleunigten Wiesenrispen besteht.

Die gezüchteten Rohrschwingel-Sorten sind feiner als die Urformen und dem Knaulgras ähnlich. Deshalb sind sie gut als Futter geeignet.

Die Luzerne hält mit ihren langen Wurzeln Trockenheit lange aus

Die Wurzeltiefe entscheidet grundsätzlich über die Trockenheits-Resistenz einer Pflanze. Die Luzerne wird auch deshalb als Königin der Futterpflanzen bezeichnet.

Nicht nur wegen ihrem hohen Eiweiss-Gehalt, sondern auch, weil sie dank mehreren Meter langen Wurzeln Trockenheit problemlos aushält. Die Luzerne zählt auf den trockenen Parzellen von Zumsteg im Nord-Aargau schon seit Jahrzehnten zum fixen Programm: «Schon mein Vater baute sie an.»

Doch der Anbau von Luzerne ist relativ heikel: Staunässe, Bodenverdichtung, zu viel Gülle und tiefe pH-Werte unter 6,5 erträgt die Luzerne schlecht. Der Einsatz in einer Mischung ist daher empfehlenswert.

Marc Lehmann von der Eric Schweizer AG beobachtet im Frühling 2019 eine deutliche Zunahme der Verkäufe von Luzerne-Mischungen. Für ihn ist das nach der Trockenheit 2018 keine Überraschung.

Bei Luzerne rät er aber vor Übersaaten ab, weil das nur schlecht funktioniere. «Besser geeignet sind Neuansaaten von Luzerne.»

Ruhig bleiben bei trockenen Wiesen – sie erholen sich wieder

Doch was ist, wenn die ganze Prävention nichts genützt hat und die Wiesen und Weiden erneut zum Opfer von Hitze und Trockenheit werden? Die Übernutzung oder ein «kaputt weiden» sollte dann auf jeden Fall verhindert werden. «Man sollte die Wiese in diesem Fall nicht zu tief schneiden und sie nicht unnötig mit Gülle plagen», rät Praktiker Stefan Zumsteg.

Entstehende Lücken können mit Übersaaten «geflickt» werden, idealerweise mit Raigras, das schnell aufläuft. Eine andere Möglichkeit wäre, Gräser auf abgestandenen Wiesen stehen und absamen zu lassen.

Bewässerung bringt wenig und ist nur eine Option, wenn Wasser günstig zur Verfügung steht.

Viele Landwirte staunten aber schon im Jahr 2018, wie sich komplett vertrocknete Wiesen im Herbst noch prächtig erholten, sobald wieder etwas Feuchtigkeit vorhanden war.

Ruhig Blut bewahren und Geduld zahlt sich hier aus. Das bestätigten auch Versuche an der Forschungsanstalt Agroscope.

Die Vermutung: Die Pflanzen haben mehr Wurzeln und es steht ihnen nach der Trockenheit mehr Bodenstickstoff zur Verfügung.