Saugferkeldurchfall trotz Mutterschutzimpfung», schreibt der Tierarzt zum wiederholten Mal auf das Antragsformular fürs Labor. In den letzten vier Gruppen mussten jedes Mal mehr als die Hälfte der Ferkel wegen Durchfalls behandelt werden. Es gab vermehrt Verluste in der Säugephase und auch immer wieder Probleme nach dem Absetzen. Jetzt sollen wieder Proben untersucht werden, um je nach Erreger die Therapie- und Prophylaxemassnahmen anzupassen.

Bakterien als Durchfallerreger

Durchfall in der ersten Lebenswoche wird häufig durch das Bakterium Escherichia (E.) coli verursacht. E. coli kommt auch bei gesunden Tieren im Darm vor. Einige Stämme besitzen jedoch bestimmte Anheftungsfaktoren, sogenannte Adhäsine, mit denen sie sich an die Darmschleimhaut binden. Nach der Bindung können sie Toxine bilden, die den Stoffwechsel so beeinflussen, dass vermehrt Salz und Flüssigkeit ins Darminnere ausgeschüttet werden. Es kommt anschliessend zu wässrigen Durch-
fällen.

Innerhalb der Bakterienspezies gibt es viele Kombinationen verschiedener Adhäsine und Toxine. Die zugelassenen Mutterschutzimpfungen enthalten als Antigen die bekanntesten Kombinationen und werden häufig zur Prophylaxe von Saugferkeldurchfällen auf Zuchtbetrieben eingesetzt.

Ein weiterer bakterieller Durchfallerreger ist Clostridium (C.) perfringens, der entzündliche Veränderungen am Ferkeldarm verursachen kann. Auch hier gibt es verschiedene Typen, die sich in ihrem Toxinbildungsvermögen unterscheiden. Einige Mutterschutzimpfungen enthalten als Antigen auch Fragmente der Clostridientoxine.

Impfung gegen Durchfall

Für den Erfolg einer Impfung ist es wichtig, dass die Durchfall verursachenden Bakterienstämme im Betrieb durch die Antigene im Impfstoff abgedeckt sind. Wenn Durchfall als Bestandsproblem auftritt, sollten daher immer Proben im Labor auf bakterielle, virale und parasitäre Erreger untersucht werden.

Als Probenmaterial werden meist Kot oder Kottupfer entnommen. Besser eignet sich noch ein ganzes, frisch eingeschläfertes, unbehandeltes Tier, da mehr Material für die Untersuchungen zur Verfügung steht und zusätzlich die entsprechenden Veränderungen am Darm begutachtet werden können. Das Material muss nach der Entnahme möglichst schnell gekühlt ins Labor transportiert werden.

Beim Nachweis bakterieller Erreger sollte auf jeden Fall auch bestimmt werden, welche Adhäsine und Toxine vorliegen. Unabhängig davon sollte ein Antibiogramm angefordert werden.

Im Anschluss an die Untersuchung müssen die Untersuchungsberichte zusammen mit einem Tierarzt angeschaut und interpretiert werden. Die Konsequenz aus den Untersuchungsergebnissen kann je nach Ergebnis beispielsweise eine Änderung des Hygienekonzeptes auf dem Betrieb oder auch die Einführung oder der Wechsel der Mutterschutzimpfung sein.

Es gibt Fälle, bei denen in Untersuchungen E.-coli-Stämme nachgewiesen werden, die durch die zugelassenen Impfstoffe nicht abdeckt werden. In diesen Fällen ist es möglich, einen stallspezifischen Impfstoff herzustellen. Aus den Bakterien, die aus dem Probenmaterial des jeweiligen Bestandes angezüchtet wurden, wird ein Impfstoff hergestellt, der nur in diesem Bestand eingesetzt werden darf. Vorteil ist, dass die Antigene dann genau diejenigen sind, die auf dem Betrieb vorkommen. Bei erneutem Durchfall kann die Impfung mit neuen Erregern ergänzt werden.

Die bestandsspezifische Impfung ist allerdings kein Ersatz für Fehler im Management und funktioniert, genau so wie die zugelassenen Impfstoffe nur, wenn die Rahmenbedingungen (Kolostrumaufnahme, Temperatur, Wasser, Hygiene, usw.) auf dem Betrieb stimmen und wenn die verarbeiteten Bakterienstämme auch die Durchfallauslöser sind.

Aufwand nicht unterschätzen

Nicht unterschätzt werden darf der Aufwand, der mit der Herstellung und Verwendung einer bestandsspezifischen Vakzine verbunden ist. Am Anfang steht immer eine umfangreiche Diagnostik, um möglichst gutes Ausgangsmaterial für die Herstellung zu erhalten. Dafür reicht meistens eine einzige Probeneinsendung nicht aus. Bis zur Bestellung hat der Tierarzt ein hohes Mass an Dokumentationsaufwand zu leisten. Der Herstellungsprozess selbst nimmt ab dem Moment, in dem die Bakterien im Labor vorliegen, rund sechs bis acht Wochen in Anspruch. Nach der Grundimmunisierung aller Tiere muss zudem regelmässig neu beprobt werden, wenn wieder Probleme auftauchen, um eventuell neu auftretende Erreger in die Impfung integrieren zu können.

Bestandsspezifische Impfstoffe sind auch schon für AFP-Ringe hergestellt worden. Eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Produzenten und Tierärzten innerhalb des Rings ist Voraussetzung, damit eine solche Aktion langfristig den gewünschten Erfolg zeigt. Proben müssen auf allen Abferkelbetrieben gesammelt und alle in das gleiche Labor geschickt werden. Wichtig ist auch, dass die Proben immer als seuchenhygienisch zugehörig zum Deck-Wartebetrieb gekennzeichnet werden, weil die Impfung dort eingesetzt werden muss.

Grundsätzlich muss je nach Betrieb und Situation neu entschieden werden, welche Massnahmen sinnvoll und umsetzbar sind, um Durchfallprobleme im Bestand in den Griff zu bekommen. Im anfangs beschriebenen Fall wurden im Labor Rotaviren nachgewiesen. Nach einer Anpassung des Hygienekonzeptes und des Managements im Abferkelstall ist das Problem recht schnell wieder verschwunden.