Kurz & bündig
- Magen-/Darmwürmer sind ein Problem, das bei der Weidehaltung von Ziegen und Schafen auftritt. Sie führen zu einem Leistungsrückgang und zu gravierenden, gesundheitlichen Problemen.
- Eine 100-prozentige Entwurmung aller Tiere fördert die Resistenzbildung. Tiere sollten deshalb selektiv entwurmt werden.
- Der Wurmdruck auf der Weide lässt sich senken, indem man die Ziegen nur zwei Mal pro Jahr auf derselben Fläche weiden lässt oder indem sie zusammen mit Rindern oder Pferden weiden.
Der Befall mit Endoparasiten kann bei Ziegen und Schafen zum Problem werden, wenn diese häufig auf der Weide sind und ihnen nur wenig Weidefläche zur Verfügung steht. Entwurmungen helfen anfänglich, aber die Parasiten, vor allem Magen- und Darmwürmer, zeigen eine zunehmende Resistenz gegen die Entwurmungsmittel.
Das erlebte auch Jasmin Zürcher. Sie hält in Amsoldingen BE seit 2019 eine Herde von mittlerweile neun Pfauenziegen und acht Jungtieren. Bis jetzt ist es eher eine Hobby-Tierhaltung, die einem Landwirtschaftsbetrieb angegliedert ist. Die Ziegen beweiden steile Flächen, die sich kaum mähen lassen und sich nicht gut für die Mutterkühe des Betriebes eignen.
Entwurmungsmittel verlieren ihre Wirkung
Bis 2021 entwurmte Jasmin Zürcher die ganze Herde im Frühling vor Weideaustrieb und im Herbst, bevor sie die Tiere in den Stall brachte. Ausnahmen waren ein paar Refugium-Tiere. Solche Tiere werden nicht entwurmt, damit einige empfindliche Würmer überleben. Andernfalls würden die resistenten Würmer Überhand nehmen und die Entwurmungsmittel wären bald wirkungslos.
Trotz dieses Entwurmungsregimes, begleitet durch den Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer BGK, wurden einzelne Tiere während der Weidezeit wieder stark von Würmern befallen. Diese Tiere zeigten klinische Symptome wie Durchfall und ein struppiges Fell; sie nahmen ab und waren müde.
Nur noch selektive Entwurmung
Vor allem laktierende Ziegen und Jungtiere waren betroffen, weniger hingegen adulte Ziegen und kastrierte, männliche Tiere. Die Analysen von Kotproben bestätigten, dass die beiden letztgenannten einen deutlich tieferen Verwurmungsgrad aufwiesen; sie hatten eine bessere Resistenz und Resilienz gegenüber den Endoparasiten.
Auf Anraten von Thomas Manser, Tierarzt und Leiter der Sektion Ziegen beim BGK, entwurmt Zürcher seither nur noch selektiv: Nur die Tiere, welche klinische Symptome zeigen. Somit kann der Einsatz von Entwurmungsmitteln auf dem Betrieb deutlich reduziert und der Resistenzbildung entgegengewirkt werden.
«Bis jetzt wirkt bei uns Cydectin zum Glück noch vollumfänglich. Wir brauchen noch kein Reservepräparat», sagt Zürcher. Solche Reserve-Entwurmungsmittel dürfen nur eingesetzt werden, wenn die herkömmlichen keine Wirkung mehr zeigen.
Im Moment stehen kaum neue Reservepräparate zur Verfügung, was Betriebe, welche bereits solche einsetzen, vor grosse Herausforderungen stellt.
Zu kleine Fläche für angemessenen Weidewechsel
Die Ziegenhalterin mit landwirtschaftlicher Ausbildung weiss, dass der Wurmdruck auf der Weide fortbestehend und wiederkehrend ist. Dies, obwohl die eine Hektare grosse Weide in sechs Parzellen unterteilt ist, welche die Tiere nacheinander beweiden. Ziel des Weidewechsels ist es, die Entwicklung der Wurmlarven auf der Weide zu unterbrechen.
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Doch die Beweidungs-Intervalle von etwa sechs bis acht Wochen sind dazu zu kurz. Für eine wirksame Reduktion der Wurmlarven wären mindestens zwölf Wochen nötig. Die Tiere würden so nur noch zwei Mal pro Vegetationszeit auf derselben Fläche weiden. Dies bedingte aber eine Zwischennutzung der steilen Weiden, da andernfalls das Gras zu hoch und alt würde, bemerkt Jasmin Zürcher.
Ziegen zusammen mit Rindern weiden
Eine Möglichkeit, den Wurmdruck zu reduzieren, sieht sie künftig darin, die Ziegen zusammen mit den Mutterkühen des Betriebes weiden zu lassen. Dann könnten die Rinder die Weide «sauber» fressen.
Denn Ziegen und Schafe beherbergen nicht dieselben Würmer wie Rinder. Aufgrund dieses unterschiedlichen Parasitenspektrums nehmen die Rinder die Larven zwar auf, neutralisieren sie jedoch und reduzieren so den Wurmdruck auf der Weide.
Idealerweise sollten die Ziegen zeitlich vor den Mutterkühen auf die Weide. Das heisst dann, wenn das Gras noch hoch ist. Herbert Volken vom Landwirtschaftszentrum Visp hat damit gute Erfahrungen gemacht. Da die Wurmlarven vor allem in Bodennähe bis auf etwa sechs Zentimeter Grashöhe an den Gräsern haften und die Ziegen insbesondere die Grasspitzen abfressen, ist anzunehmen, dass sie weniger Larven aufnehmen als bei tiefem Bewuchs.
Mit Ausblick auf eine Pachtübernahme möchte Jasmin Zürcher die Mischweide im nächsten Jahr umsetzen. Anstatt nur einer Hektare stünden den Ziegen dann fünf bis sechs Hektaren zur Verfügung.
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Natürliche Entwurmungsmittel wirken nur kurzfristig
Aufgrund der zunehmenden Resistenzbildung gegen die synthetisch-chemischen Entwurmungsmittel, den sogenannten Anthelminthika, wird bereits seit Jahren intensiv auf dem Gebiet der alternativen Parasitenregulierung geforscht. Unter Begleitung des BGK legte Zürcher eigens einen Praxisversuch zur alternativen Parasitenregulierung bei Ziegen an.
Drei Mittel kamen zum Einsatz, deren Wirkung auf sekundären Pflanzenstoffen (Farb-, Duft- oder Aromastoffe) beruht:
- Die Esparsette ist eine Futterbaupflanze mit hohem Gehalt an Tanninen, Gerbstoffen, bei denen in zahlreichen Studien eine antiparasitäre Wirkung nachgewiesen werden konnte.
- Wurm-o-Vet ist eine Mischung von Kräutern. Diese sollen den Tieren helfen, Saponine, Bitter- und Gerbstoffe besser aufzunehmen und sie damit weniger anfällig auf Wurmbefall machen.
- Das Kamala-Fruchthaarpulver ist ein naturheilkundliches Präparat, hergestellt aus Drüsen und Büschelhaaren der Früchte des in Indien beheimateten Kamala-Baumes; es wird traditionsgemäss als Entwurmungsmittel verwendet.
Im Praxisversuch reduzierten vor allem das Kamala-Pulver und die Esparsette die Aktivität der Magen-/Darmwürmer deutlich, aber nur kurzfristig. Bereits vier Wochen nach der Fütterungsphase war die Eiausscheidung der meisten Versuchsgruppen jedoch wieder deutlich angestiegen.
Jasmin Zürcher glaubt zwar, dass die alternativen Präparate Potenzial zur Parasitenregulierung haben. Aber in ihrem Versuch zeigten sie bei den laktierenden Tieren und Jungziegen keine anhaltende und genügsame Wirkung, um auf den Einsatz von Anthelminthika verzichten zu können.
Auch das Angebot von grösseren Mengen an Laub und Zweigen, die zur natürlichen Ernährung der Ziegen gehören und sekundäre Pflanzenstoffe beinhalten, konnte den Wurmbefall auf den Standweiden nicht genügend reduzieren.
Betriebsspiegel
Jasmin Zürchers Ziegenhaltung ist dem Landwirtschaftsbetrieb der Familie Jürg Messerli in Amsoldingen BE angegliedert
LN: 14 ha
Kulturen: 11 ha Grünland, 2 ha Silomais und 1 ha Brotgetreide
Tierbestand: 17 Ziegen, 10 Mutterkühe mit Kälber plus ca. 20 zugekaufte Aufzuchtkälber
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Nicht häufiger als zwei Mal jährlich auf dieselbe Weide
Betriebe, die ihre Ziegen nicht oder selten auf die Weide lassen, haben mit Magen- und Darmwürmern kaum Probleme. Denn im Stall gelangen keine Larven in das Futter und derLebenszyklus der Würmer ist nicht geschlossen.
Auf vielen Landwirtschaftsbetrieben sowie auf Alpen werden Ziegen gehalten, um steile Hänge zu nutzen und die Landschaft zu pflegen. Für diese ist es wichtig, den Wurmdruck niedrig zu halten. «Das Beste ist es, die Tiere gar keinem Parasitendruck auszusetzen», betont Jasmin Zürcher.
Dies lässt sich dadurch erreichen, dass die Tiere nicht häufiger als zwei Mal jährlich auf derselben Weidefläche sind oder dass sie grosse Flächen zusammen mit Rindern, Pferden oder Gänsen beweiden.
Zucht mit Tieren, die mit Parasitendruck gut zurechtkommen
Schliesslich sind die aus Nordafrika stammenden Ziegen von Natur aus Nomaden, erklärt Zürcher. Sie halten sich nicht lange am selben Ort auf und kommen so in natürlicher Wildbahn kaum mit Larven von Endoparasiten in Kontakt. Insbesondere auch deshalb, weil auf ihrem Speisezettel vor allem Gebüsch, Laub, Gehölz, Rinde oder Triebe stehen.
Neben dem Weidewechsel rät die Ziegenhalterin, gezielt nur mit Tieren zu züchten, die mit einem Parasitendruck gut zurechtkommen.
