Eine hübsche Gartenpflanze wie die Ringelblume ist die Brennnessel nicht: Sie hat den schlechten Ruf, an unsauberen Standorten zu wachsen, und mit ihren Brennhaaren weiss sie sich schmerzhaft und effizient zu wehren.

Mitmachen und gewinnen Welche Brennnessel brennt mehr? Monday, 6. October 2025 Zum Einsatz auf dem Bauernhof kommt sie dennoch oft. Zwischen 2011 und 2016 konnte ein Team aus FiBL-Forschenden und externen PartnerInnen Rezepturen und Anwendungen von Arzneipflanzen beim Nutztier aus verschiedenen Schweizer Kantonen auswerten. Unter den fünf meistgenannten der über 100 dokumentierten Pflanzenarten war auch die Brennnessel, neben Kamille, Ringelblume, Beinwell (Wallwurz) und Kaffee. Gemäss dieser Untersuchung kommen Brennnesseln als Hausmittel bei Problemen mit dem Verdauungstrakt oder zur allgemeinen Stärkung zur Anwendung. Die Pflanze wird direkt verfüttert oder als Tee eingesetzt.

Schmerzhafte Schwellungen: Wieso brennt die Nessel?

Nach der Berührung mit den Brennhaaren entstehen schmerzhafte Schwellungen auf der Haut. Wie stark die Brennflüssigkeit schmerzt, kommt auf die Nesselart an: Die Kleine Brennnessel (Urtica urens) brennt stärker als die Grosse Brennnessel (Urtica dioica).

Die Brennhaare sind überwiegend auf der Blattoberseite vorhanden. Es sind lange, einzellige Röhren, deren Wände im oberen Teil durch eingelagerte Kieselsäure hart und spröde wie Glas sind. Das untere, flexiblere Ende ist stark angeschwollen, mit Brennflüssigkeit gefüllt und in einen Zellbecher eingesenkt. Die Spitze besteht aus einem seitwärts gerichteten Köpfchen. Dieses kann schon bei einer leichten Berührung abbrechen und hinterlässt eine schräge, scharfe Bruchstelle. Bei Kontakt sticht das Härchen in die Haut, sein ameisensäurehaltiger Inhalt spritzt mit Druck in die Wunde und verursacht sofort einen kurzen, brennenden Schmerz und mit Brennen oder Juckreiz verbundene Schwellungen.

Brennnesseln versorgen Tiere mit Mineralien, das Heu entgiftet

Wieso ist die Brennnessel trotzdem beliebt? Drogistin Michelle Krügel erklärt, dass die Brennnesseln Tiere mit Mineralien versorgen und in Schwung bringen – schliesslich wächst die Pflanze auch an gut mineralisierten Standorten. Das Heu wirkt entgiftend und wassertreibend: Hat eine Kuh zum Beispiel Ödeme (Wasseransammlungen) an den Beinen, kann Brennnesselheu helfen. Auch nach einer schweren Geburt, bei der eine Kuh viel Blut verloren hat, kann Brennnesselheu helfen.

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Es lohnt sich also, (gut geschützt) schöne Nesseln zu heuen, sorgfältig zu trocknen und den Tieren zu verfüttern. Michelle Krügel betont, dass der Standort wichtig sei, und rät zum Beispiel davon ab, Nesseln zu verwenden, die entlang einer Autobahn wachsen.

Getrocknet brennen die Nesseln nicht mehr, sie können deshalb unter das normale Futter gemischt werden. Ob die Tiere die Nesseln fressen, ist unterschiedlich. Sinnvoll ist immer, mit kleinen Mengen zu beginnen.

Michelle Krügel erklärt, dass Brennnesseln entzündungshemmend bis schmerzstillend wirken, wegen der Caffeoylchinasäuren. Diese hemmen Stoffwechselvorgänge, die bei Entzündungsgeschehen eine Rolle spielen.

Der Ratgeber «Kräuter für Nutz- und Heimtiere» nennt den Bewegungsapparat sowie den Geschlechts- und Harntrakt als Anwendungsgebiete für Brennnesseln.

Brennnesseln helfen nicht nur Tieren: Als Jauche düngt sie den Garten und vertreibt Schädlinge. Ihre Samen enthalten viel Eisen und sind gut für die Blutaufbereitung. Sie kommen bei Frauen in «Stillkugeln» zur Anwendung. Stillkugeln sind energiereiche Getreidebällchen, die milchbildende Zutaten enthalten, etwa Brennnesselsamen.

 

Steckbrief: Grosse Brennnessel(Urtica dioica)
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Ausdauernde, winterharte Staude.
50 bis 150 cm hoch.
Wächst am besten an halbschattigen bis schattigen Standorten.
Wächst auf sandigen bis lehmigen, frischen bis feuchten Standorten.
Zeigerpflanze für Stickstoffe.
Verwendet werden die Blätter oder das ganze Kraut.
Ernte in den Sommermonaten, trocknen an der Luft.

Anwendung

Innerlich: Brennnesseln versorgen Tiere mit Mineralien, das Heu wirkt entgiftend, wassertreibend und zum Beispiel nach schweren Geburten blutbildend.

1 TL geschnittene Brennnesseln entspricht etwa 0,8 g.

Brennnesselheu: 25 bis 50 g Brennnesseln/Tag für Rinder, 10 g/Tag für ein Kalb (60 kg).
Frische Brennnesseln: Enthalten viel Vitamin K, Vitamin C, B-Vitamine und Karotin.
Samen: Gut für die Blutbildung.
Jauche: 1 kg frische Brennnesseln in einen Kessel mit frischem Wasser geben, 10 bis 14 Tage stehen lassen. 1:10 verdünnt als Dünger verwenden oder in einer Sprühflasche zur Schädlingsabwehr.

 

Quellen

- Ratgeber «Kräuter für Nutz- und Heimtiere»
- «Kräuter- und Heilpflanzenatlas»
- FiBL-Faktenblatt «Kälber und Ferkel mit Arzneipflanzen stärken»

Haftungsausschluss

Die Informationen zur Pflanze, zu deren Wirkung und das Anwendungsbeispiel sind eine Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen. Die Wirkungen und Nebenwirkungen sind nicht vollständig aufgelistet. Die Schweizer Agrarmedien AG übernimmt keinerlei Haftung für die Folgen der Anwendung.