Kurz & bündig
- Hanspeter Lauper setzt sich seit 30 Jahren begeistert für Direktsaat und Bodenschutz ein.
- Er optimiert Maschinenprozesse digital und nutzt Daten zur Effizienzsteigerung.
- Ziel ist ein aktiver, gesunder Boden mit möglichst wenig Eingriff und gezieltem Chemieeinsatz.
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«Verstanden hast du etwas erst, wenn du es anderen in einfachen Worten erklären kannst», sagt Hanspeter Lauper (60). Im Aussenbüro der Landag AG in Wiler bei Seedorf stehen drei Monitore, Lauper projiziert ein Foto auf den riesigen Bildschirm an der Wand. Darauf zu sehen ist ein etwas aussergewöhnliches Schulzimmer – ein Elektrolabor für die Ausbildung von Diagnosetechnikern.
Lauper unterrichtet seit 1990: anfangs Lehrlinge an der Berufsfachschule für Landmaschinen-, Baumaschinen- und Motorgerätemechaniker in Sursee, relativ rasch kam die Weiterbildung in diesen Berufen dazu. Seit 2021 beschränkt er sich auf die Weiterbildung. Diese Kurse finden an der Berufsfachschule Langenthal BE statt. Dort befindet sich das Labor, in welchem die jungen Leute auch an Samstagen die Schulbank drücken.
Mit viel Engagement, «um 16.45 Uhr ist der Kurs zu Ende, nicht selten wird es nach 17 Uhr, bis die Letzten den Raum verlassen», berichtet Hanspeter Lauper. Was wohl mit seiner eigenen Begeisterung fürs Unterrichten und sein Fach zusammenhängt: Hanspeter Lauper mag Herausforderungen. Er hat ein Auge für Optimierungspotenzial an Traktoren und Maschinen. Das Potenzial sehen andere Anwender vielleicht auch. Doch im Gegensatz zur breiten Masse sucht Lauper nach Lösungen und erkennt Möglichkeiten, von denen normale Anwender gar nicht wissen, dass es sie gibt. Lauper setzt als Elektrotechniker tief in der digitalen Maschinensteuerung an. Damit kann er Maschinenprozesse für seine Anwendungen optimieren oder er baut eine Maschine von Grund auf neu.
Laupers Auge für Details zeigt sich zum Beispiel bei der Datenerhebung. Ein moderner Traktor generiert in einer Sekunde unzählige Daten, ein normaler Anwender bekommt davon nichts mit.
Lauper kann mit den Daten jedoch etwas anfangen, auch mit den 432'000 Datensätzen, die während einer knapp zwei Minuten dauernden Traktorfahrt erfasst wurden. Diese möchte er nun auf dem Computer auswerten und eine Kleinigkeit umprogrammieren. Bloss bringt die Datenmenge den Rechner an seine Grenzen und zum Abstürzen, Lauper sitzt genervt vor dem Bildschirm und wartet ab, ob sich das Datenblatt doch noch öffnet.
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Daten analysieren, programmieren – wozu eigentlich? Für die Landag AG arbeiten rund zehn Leute (ca. fünf Vollzeitstellen), im Angebot ist Saat, Ernte und Anbauberatung. Wer nun an ein klassisches Lohnunternehmen mit grossen Maschinen denkt, liegt nicht ganz richtig – aber auch nicht komplett falsch. Denn der Maschinenpark ist gross und modern, in den Kabinen sind die Terminals auf dem neusten Stand der Technik. Wer möchte, kann seine Kulturen durchaus auch konventionell oder in Mulchsaat bestellen lassen.
Doch Laupers Herz schlägt für die Direktsaat – seit 1993. Damals kamen Peter Hofer und Wolfgang Sturny von der Bodenschutz-Fachstelle des Kantons Bern auf die damalige Wyss & Lauper AG und somit den jungen Hanspeter Lauper zu.
Dieser hatte nach der Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker die Meisterprüfung absolviert und stand im intensiven, technisch geprägten Berufsleben. Bereits 1987 kaufte er mit einem Kollegen einen eigenen Mähdrescher und legte damit die Basis für die Landag AG. «Ich mag es, Dinge nicht so zu machen wie alle anderen», sagt Lauper. So besuchte er parallel zu seinem Berufsalltag Kurse zu Digitaltechnik/Elektronik und begann mit dem Unterricht an der Berufsschule – was ihm den Zugang zu Weiterbildungen ermöglichte. «Ich habe alles genutzt, was irgendwie möglich war», sagt er.
1993 kaufte Hanspeter Lauper die erste Direktsaat-Maschine
Möglich war es 1993 über Nacht auch, eine Direktsaat-Maschine zu kaufen. Denn die Besucher Hofer und Sturny hatten den Prospekt praktischerweise gleich dabei … Dahinter steckte die Problematik der Nitrat-Auswaschungen im Kanton Bern. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist, den Boden so wenig wie möglich zu bewegen, sprich nicht zu pflügen, sondern direkt zu säen. Der Kanton Bern bot den LandwirtInnen Direktsaat während einigen Jahren kostenlos an –und brauchte dazu Lohnunternehmer, die bereit waren, in diese Maschinen zu investieren.
Hanspeter Lauper hat weder lange überlegt noch schlecht geschlafen, sondern die Maschine bestellt. «Nicht säen wie alle anderen», das habe ihn gereizt, sagt er. Er sei völlig unvoreingenommen an die Direktsaat herangegangen. Denn obwohl Lauper auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, versteht er sich nicht in erster Linie als Landwirt. Mit dem System Direktsaat begann seine Faszination für den Boden. Er will diesen verstehen, so wie er Technik versteht: als komplexes System.
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Dazu gehört, den Boden zu beobachten. Die Stechschaufel ist stets dabei. Auch Hanspeter Laupers Sohn Raphael, der ebenfalls bei der Landag arbeitet, verbringt Stunden damit, Felder anzuschauen, bevor er zum Beispiel sät. Hanspeter Lauper zeigt auf einem Weizenfeld, wie aktiv der Boden ist: Würmer ringeln sich, der Boden riecht frisch und krümelt wunderbar. Der Weizen ist gleichmässig aufgelaufen und satt grün. Zufällig passiert das nicht – Lauper arbeitet nicht nur bei der Direktsaat mit technischer Unterstützung, sondern auch bei der Düngung. Ausgebracht wird teilflächenspezifisch, was nötig ist –Dünger oder Mineralstoffe wie Kalk oder Kalzium.
Gezielter Einsatz von Chemie, aber weder hacken noch striegeln
Bodenproben gehören genauso zum Gesamtsystem wie der gezielte Chemie-Einsatz. «Wenn ich Unkraut vernichten und gleichzeitig den Boden schonen will, braucht es ein Herbizid», sagt Lauper. Mit der konservierenden Landwirtschaft, die er praktiziert, verzichtet er aufs Hacken oder Striegeln: Das zerstöre die Struktur und die Bodenlebewesen und werfe den Boden zurück, ist er überzeugt.
Und genau dies mache es so schwierig, konservierende Landwirtschaft zu erklären und insbesondere Menschen ausserhalb der Landwirtschaft davon zu überzeugen. «Glyphosat im Speziellen und Chemie im Allgemeinen haben einen schlechten Ruf.» Dabei gebe es in der Natur keinen Prozess, der nicht auf Chemie beruhe. Er zeigt ein Bild aus dem Firmen-Chat: Vier Drahtwürmer, die sich um eine Zuckerrübenpille drängen. «Auf diesem Feld gab es 20 Jahre lang kein Gras.» Um die Drahtwürmer loszuwerden, plädiert Lauper für einen gezielten Chemie-Einsatz: «Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.»
Denn bei aller Liebe zur Technik will er grundsätzlich Lebensmittel produzieren: «Vor einiger Zeit hat mich eine Frau gefragt, wie viele Brote auf meinem Weizenfeld entstehen.» Dass er die Frage nicht sofort beantworten konnte, obwohl er den Ertrag kennt, habe ihn zum Nachdenken gebracht. «Denn die Frau hat mit ihrer Frage den Kern getroffen.»
Lauper möchte mit möglichst wenig Input möglichst viel Output erzielen. Dazu gehört für ihn, mit wenig PS hohe Leistung zu erzielen. «Jedes Kilo Eisen muss bewegt sein – logisch also, dass leichte Traktoren weniger Diesel brauchen.» Dass der Anteil der Direktsaat in der Schweiz auch nach 30 Jahren unter vier Prozent liegt, erstaunt, wenn Lauper die Vorzüge des Systems unermüdlich erläutert. Swiss No-Till, die Schweizerische Gesellschaft für bodenschonende Landwirtschaft, gibt es seit 1995, Lauper, Sturny und Hofer waren Gründungsmitglieder. Der Verein zählt heute rund 350 Mitglieder und habe einen guten Mix zwischen LandwirtInnen, Lohnunternehmern und WissenschaftlerInnen.
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Auch die Tradition bremst das System der Direktsaat
Das Anbausystem der konservierenden Landwirtschaft (Direktsaat) sei komplex, weiss Lauper. Und es sei nicht nur die topmoderne, teure Technik und das Verständnis für den aktiven Boden, welche die Akzeptanz der Direktsaat bremsen. Dazu kommen «weiche» Faktoren wie, dass traditionell auf einem Hof ein starker Traktor stehe, beobachtet Lauper.
Der Hofnachfolger, der gerne mit Maschinen arbeitet und Ende Saison das Silo voll haben wolle, ohne mit einer ungewohnten Sämethode ein Risiko einzugehen: Das spreche nicht unbedingt für Direktsaat.
Viele von Laupers Kunden rechnen «gnadenlos» und erkennen, dass Direktsaat ein effizientes System ist. Damit ist Lauper wieder bei seiner Begeisterung für Boden und Technik. Die Technik will er stetig voranbringen – etwa, indem er Stunden mit den 432 000 Datensätzen verbringt, damit am Ende eine Funktion des Traktors geschwindigkeitsabhängig ausgelöst wird. Dafür verbringt er wohl noch einige Stunden genervt vor dem Computer, mit dem Ziel im Hinterkopf, möglichst viel Brot aus seinem Weizenfeld produzieren zu können.
Aber auch mit einem klaren Plan B: «Wenn ich es nicht hinkriege, fahren wir mit den bestehenden Programmen, das funktioniert tadellos.» Bloss genervt, das ist er dann ganz sicher noch eine Weile.
Betriebsspiegel der Familie Lauper
Raphael, Hanspeter und Lilian Lauper, Wiler bei Seedorf BE
LN: 8,5 ha
Kulturen: Raps, Winterweizen, Gründüngung, Körnermais, Wintergerste
Weitere Betriebszweige: Lohnunternehmen Landag AG
Arbeitskräfte: Familie, 7 Mitarbeiter im Stundenlohn
www.landag.ch, www.bfsl.ch, https://soilevolution.com/