Kurz & bündig

-Marcel Villiger in Alikon AG reduziert die Intensität bei der Bodenbearbeitung.
-Nebst der Mulchsaat nutzt er immer öfter die Direktsaat-maschine.
-Dabei will er weder beim Ertrag noch bei der Qualität beim Erntegut Kompromisse eingehen.
-Der schonende Umgang mit dem Boden schützt vor Erosion und fördert Regenwürmer.
-Regenwürmer bauen Pflanzenrückstände rasch ab, die Feldhygiene wird verbessert.

Landwirt und Lohnunternehmer Marcel Villiger (39) aus dem aargauischen Alikon ist ziemlich offen im Anbauverfahren. In seinem Lohnunternehmen bietet er vom Pflügen bis zur Saat alle möglichen Verfahren der Bodenbearbeitung und der Saattechnik an. Auf dem eigenen Betrieb macht er Ackerbau auf 27 Hektaren. Zudem hat er 600 Mastschweine-Plätze. Dort verfüttert er eigenen Körnermais.

«Ich bin auf gute Erträge und gute Erntequalität angewiesen, damit mein Betrieb rund läuft und im Herbst das Silo gefüllt werden kann. Ich vertraute jahrelang auf die bewährte Mulchsaattechnik, welche ich in den letzten Jahren oft durch Direktsaat ablöste. Ich setze den Schwerpunkt auf meinem Betrieb auf wenig Bodenbearbeitung, verbunden mit weniger Erosionsgefahr und hoher Bodenaktivität.»

Marcel Villiger kann es sich nicht leisten, bei der Anbautechnik jeden Hype mitzumachen, auch wenn die Ämter mit Fördergeldern locken. Es nützt ihm wenig, wenn wegen Zielkonflikten wie Verzicht auf Herbizid ein Bestand verunkrautet und das Futtersilo nur halb voll wird.

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Villiger arbeitet ohne Pflugund ohne Glyphosat

Marcel Villiger weiss, dass exakt geführte Kulturen nicht nur bessere Erträge abwerfen, sondern dass auch die Pflanzengesundheit davon profitiert. Zuviel Beikraut und Vorkulturen, die durchdringen, schaden der Feldhygiene. Es werden Krankheiten mitgeschleppt und der Sinn der Fruchtfolge mit wechselnden Kulturen wird torpediert.

Bei der Feldhygiene wird immer wieder der Pflug erwähnt, welcher die Ernterückstände durch das Wenden in den Boden bringt. Ist ein Boden nicht verdichtet, kann bei exakter und nicht zu tiefer Pflugarbeit das Restmaterial tatsächlich verrotten und stört die Folgekultur nicht. Jeder professionell vorgehende Ackerbauer kann damit seine agronomischen Ansprüche erfüllen.

Marcel Villiger geht hier jedoch einen anderen Weg. Er hat für die Maissaat ein Verfahren entwickelt, das den Boden nicht wendet und das Pflanzenmaterial ohne Glyphosat an der Oberfläche vertrocknen lässt.

Die Hobelsaat schlägt zwei Fliegen auf einen Streich

Abo Es ist eine Frage der Intensität, welches Bodenbearbeitungs- und Saatverfahren angewandt wird und wie Arbeitswerkzeuge eingestellt werden. «Fokus Boden» Saatverfahren: Pflug, Mulch, Direkt Friday, 28. April 2023 Das System heisst «Maishobelsaat System Villiger» und wurde 2019 als Neuheit in Betrieb genommen. Damit lässt sich Mais pfluglos und Glyphosat-frei anbauen. Der Pflug, wie auch das Glyphosat, sind vielfach negativ behaftet, wenn auch oftmals aus ideologischen Gründen. Die Maishobelsaat eliminiert die beiden Faktoren auf einen Schlag.

Bei der Maishobelsaat wird die Grasnarbe ganzflächig abgehobelt. Nur bei der Saatreihe erfolgt eine Bodenlockerung mit einem Grubberzinken. Das System bearbeitet den Boden nur bei der Saatreihe. Dazwischen schneiden flach eingestellte Arbeitswerkzeuge die Grasnarbe. Dadurch vertrocknet der Grasbestand und das Verfahren gilt als Mulchsaat.

Die Wirkungsweise der abgehobelten Grasnarbe hängt, wie vieles in der Landwirtschaft, vom Wetter ab. Bleibt es nach der Bearbeitung einige Tage trocken, ist der Erfolg grösser, als wenn durch Regen die Grasmutten teilweise rasch wieder anwachsen. «Dank Pflanzenschutzmitteln ist es jedoch möglich, hier entsprechend zu reagieren und den Bestand sauber zu halten.»

Die Maschine ist in einer Kombination aufgebaut, die gleichzeitig das Saatgut ausbringt und auf Wunsch eine Unterfuss- und Startdüngung zum Saatkorn legt.

«Die Maschine entstand wegen des öffentlichen Drucks auf den Glyphosateinsatz. Bei meiner Kundschaft habe ich einen zunehmenden Trend festgestellt. Dieser geht weg von der konventionellen Maissaat, bei welcher der Grasbestand mit dem Pflug umgebrochen wird. Da ich sehr innovativ bin, gerne Maschinen optimiere und für neue Saatverfahren offen bin, entstand die Idee zur Entwicklung einer kombinierten Maishobelsaatmaschine.»

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Zielkonflikte werden mit eigener Entwicklung gelöst

Man könnte sagen, der öffentliche Druck auf Glyphosat und die lockenden Anbaubeiträge durch Verzicht auf den Pflug haben zu dieser ökologisch wertvollen Innovation geführt.

Möglicherweise hätte Marcel Villiger das System nicht erfunden, das einen Zielkonflikt löst (Pflug- und Glyphosat-Verzicht), wäre das Innovationsdenken nicht durch politischen Druck ausgelöst worden. Es kann jedoch nicht sein, dass Landwirte und Lohnunternehmer die Werkzeuge selbst entwickeln müssen, damit die politischen Zielkonflikte gelöst werden können.

Das pfluglose und Glyphosatfreie Verfahren wäre zwar auch ohne Villigers Eigenbau umsetzbar. Dann würde die Grasnarbe in einem separaten Durchgang mechanisch geschnitten. Dazu gibt es unzählige Geräte mit Zinken und Rotoren. Anschliessend erfolgt dann die Saat mit einer Strip-Till-Kombination. Das sorgt für zusätzliche Überfahrten und Bodenverdichtungen und ist nicht im Sinn von Marcel Villiger. Er muss die Kostenseite gegenüber seiner Kundschaft stets im Auge behalten.

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Den Teufelskreis der Spurbildung durchbrechen

Auf seinen eigenen Flächen wird Getreide und Mais seit rund 20 Jahren mit Mulchsaat angelegt – jedoch in den letzten Jahren immer mehr durch die Direktsaat abgelöst. Damit soll Erosion vermieden und die Tragkraft des Bodens verbessert werden. Dies führt zu weniger Spurbildung und einer leichteren Bewirtschaftungsweise.

«In der Spurbildung sehe ich einen Teufelskreis für die Landwirtschaft. Man muss dann auf die Spurtiefe auflockern, was den Boden für zukünftige Belastungen zusätzlich schwächt und noch mehr Spurtiefe erwarten lässt.»

Zudem hat Villiger die meisten Traktoren mit einer Reifendruckregelanlage und Niederdruckbereifung ausgerüstet. Die Radlast wird so auf eine grössere Fläche verteilt, was die Spurbildung reduziert.

«Die Nachfrage nach Direktsaat oder Mulchsaat wurde auch bei der Kundschaft in den vergangenen Jahren grösser. Man erkennt die Vorteile der besseren Bodentragkraft und erhält dazu noch eine Förderung. Hier hat die Agrarpolitik sicherlich nachgeholfen, dass der eine oder andere Betriebsleiter reduzierte Verfahren für seinen Betrieb prüft und anwendet.»

Dabei komme es auch immer auf die Fruchtfolge eines Betriebs an. Milchwirtschaftsbetriebe bauen oftmals vorwiegend Gras und Silomais an. Vor der Maissaat setzen solche Betriebe oft feste Hofdünger ein. Da kann es durchaus sinnvoll sein, diese mit dem Pflug einzuarbeiten, um Emissionen und Verluste zu reduzieren und den Mais konventionell zu säen. Das Verfahren bietet auch Marcel Villiger seiner Kundschaft an und erkennt, dass dies vielerorts je nach Voraussetzungen eine sinnvolle Wahl ist.

Schutz vor Erosion ist wichtiger als die Förderbeiträge

Seit er jedoch die Maishobelsaat anbietet, ist dank der Einarbeitung der Hofdünger für das bisherige Pflugsystem eine Alternative verfügbar, die immer öfter nachgefragt würde. Dabei geht es bei den Kunden nicht nur um die Förderbeiträge, die bessere Sicherheit gegen Erosion ist für jeden Landwirt wichtiger.

Diesen Trend sieht Marcel Villiger auch bei der Direktsaat. Es gibt viele Neueinsteiger in diesem Bereich, welche den Einsatz erstmals nach Getreide für Gründüngungen oder die Grassaat probieren würden. Auch hier steckt die Agrarpolitik dahinter, welche innerhalb von sieben Wochen eine Begrünung verlangt.

Mit der Direktsaatmaschine direkt nach dem Drusch kann die Saat von den meist noch feuchten Bodenbedingungen profitieren und gut keimen. «Neuansaaten von Gras gelingen in trockenen Jahr auf diese Weise meistens besser, als wenn das Stoppelfeld noch bearbeitet und erst später im Sommer angesät wird.»

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Die Entscheidungen muss jeder Landwirt selber treffen

Abo Martin Streit auf der Rütti in Zollikofen BE, wo der Gutsbetrieb Saatgut produziert (Winterweizen Baretta). «Fokus Boden» Für Martin Streit vom «Forum Ackerbau» bleibt der Pflug nötig Friday, 28. April 2023 Dabei ist es jedoch immer ein Entscheid des Betriebsleiters und des Unkrautdrucks, ob er ein Stoppelfeld direkt ansäen will oder die Zeit für eine mechanische Unkrautkur will nutzen. Der Landwirt ist stets gefordert, seinen Betrieb fachgerecht zu führen. Weder Agrarpolitik noch Maschinentechnik können für ihn Entscheidungen treffen. 

Wer sich mit dem Boden intensiv beschäftigt, stellt nach guter Begrünung mit wenig Bearbeitung rasch fest, dass sich Regenwürmer ansammeln und sieht ihre Gänge im Boden. «Sieht man hier die Regenwürmer in dieser Spatenprobe, dann ist einem klar, dass man diese möglichst wenig stören will. Es würde mir richtig weh tun, wenn ich hier mit dem Pflug fahren müsste und das ganze Wurmgangsystem zerstören würde, welches den Boden optimal durchlüftet.»

Wer nun meint, die Feldhygiene leide beim Verzicht auf die Bodenbearbeitung, muss sich im Fall von Marcel Villiger nicht sorgen. Die Bodenaktivität, die ihn so erfreut, sorgt dafür, dass Ernterückstände und anderes organisches Material rasch abgebaut werden.

Ob ein Bearbeitungs- und Saatverfahren nun von der Agrarpolitik mit Förderung oder aus agronomischer Sicht des Landwirts bestimmt wird, ist dem Boden egal. Das Entscheidende ist, dass der Landwirt genau weiss, was er tut, und sich für neue Methoden interessiert, ohne jedoch bewährte Systeme über den Haufen zu werfen.

Villiger hat die Wahl, wenn es um Bearbeitungstechniken geht

Marcel Villiger kann dank seines Lohnunternehmens auf eine Vielzahl von Bearbeitungstechniken zurückgreifen. Er wählt jedoch gerne Geräte mit wenig Intensität für den Boden und entscheidet sich oft für die Direktsaatmaschine.

Andere Betriebe und andere Fruchtfolgen benötigen andere Verfahren. Das Saat- und Anbauverfahren ist zweitrangig. Wichtig ist die Nachhaltigkeit, indem beispielsweise Spurbildung und Verdichtungen vermieden werden, um ein gutes Umfeld für die Bodenakteure (z. B. Regenwürmer) zu schaffen. Dann ist schon viel gewonnen und man muss nicht jeden Hype mitmachen, den die Ämter mit Fördergeldern bestimmen wollen.

Betriebsspiegel der Familie Villiger

Marcel und Margrit Villiger, Alikon AG

LN: 27 ha
Kulturen: Körnermais, Raps, Zuckerrüben, Winterweizen, Wintergerste
Tierbestand: 600 Mastschweinplätze (Fütterung mit eigenem Körnermais)
Weitere Betriebszweige: Lohnunternehmen
Arbeitskräfte: Marcel und Margrit Villiger, Felix und Maria Villiger (Eltern), weitere Mitarbeiter im Lohnunternehmen