Kurz & bündig

- Versicherungen können Risiken absichern.
- Jeder Landwirt muss seine eigene Entscheidung treffen, welche Risiken er in Kauf nimmt.
- Eine unabhängige Beratung zum Risikomanagement ist daher sinnvoll.

Ende April 2022 hat ein kurzer Hagelschauer in Lupfig AG eine neue Obstanlage komplett zerstört. Vier Jahre Aufbauarbeit von Landwirt Andreas Suter liegen am Boden. Der finanzielle Schaden ist noch unklar. Doch den jungen Landwirt, der den Loorhof Anfang 2022 von seinen Eltern übernommen, trifft der Schaden hart: Obstbau mit Direktvermarktung ist das wichtigste Standbein.

Robert Finger, Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich, forscht seit Jahren auch zum Thema Versicherungen und Risikomanagement in der Landwirtschaft. «Schweizer Betriebe sind häufig gut gegen Risiken aufgestellt», sagt er. Denn die Betriebe hätten oft mehrere Einkommenszweige und Aktivitäten. Verschiedene Betriebszweige und zum Beispiel ein ausserbetriebliches Einkommen reduzieren das Risiko, plötzlich vor einer grossen finanziellen Lücke zu stehen.

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«Schweizer Betriebe sind häufig gut gegen Risiken aufgestellt.»

Robert Finger, Professor für Agrarökonomie, ETH Zürich

Dazu kommt, dass Direktzahlungen für viele Betriebe eine wichtige, verlässliche Einnahmequelle sind. Direktzahlungen treffen unabhängig von Wetter und Preisen ein. «Sie stellen also eigentlich eine Versicherung dar», so Finger. Doch nicht jeder Betrieb bekommt viele Direktzahlungen und ist stark diversifiziert. Stark spezialisierte Betrieb – wie der Loorhof – sind Risiken viel stärker ausgesetzt. Diese Betriebe müssen sich noch intensiver als andere Gedanken machen, welche Versicherungen sie abschliessen.

Neue Versicherungs-Modelle wegen extremen Wetterereignissen

Das Versicherungsangebot und auch die Präventivmassnahmen der Schweizer Hagel haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Natürlich wird dies durch die zunehmenden Extremwettereignisse getrieben. So hat sich etwa die im Jahr 2018 eingeführte Zusatzdeckung gegen Frost für Obst und Beeren etabliert.

Die Schweizer Hagel arbeitet auch an neuen Modellen mit sogenannten Index-Versicherungen. Dabei erfolgt keine Schadenerhebung vor Ort, sondern die Entschädigung wird ausbezahlt, wenn ein vereinbarter Wert ein langjähriges Mittel um eine bestimmte Grösse über- oder unterschreitet.

Die Mobiliar hat ihr Angebot ebenfalls erweitert und bietet neu eine Wetterversicherung für verschiedene Pflanzenkulturen an (Winterweizen, Kartoffeln usw.). Versichert sind etwa Ernteausfälle infolge Trockenheit oder Frost.

Einen Punkt, der sicher noch zu diskutieren geben wird, bringt Esther Böhler von der Schweizer Hagel ein: Um das klimabedingt zunehmend wichtige Risikomanagement in der Landwirtschaft zu unterstützen, setzen viele Länder bereits heute auf Prämienverbilligungen durch die öffentliche Hand. In der Schweiz ist das – noch – nicht der Fall.

Bei Sachversicherungen ist Beratung vor Ort für LandwirtInnen nötig

Doch nicht nur bei der Ernte gilt es, die Risiken für den eigenen Betrieb einzuschätzen und zu versichern. Thomas Hauri, der bei der Agrisano arbeitet und Berater sowie Leiter der Ortsagentur der Emmental Versicherung ist, betont, dass eine persönliche Beratung in der Regel vor Ort statt finde. «So können sich die Berater eine detailliertes Bild des Betriebes und der Örtlichkeiten machen, Gefahren und Bedürfnisse besser erkennen und einschätzen.»

Das A und O einer kompetenten Beratung sei das Fachwissen der Berater, Erfahrungswerte und Kenntnisse in der Landwirtschaft kommen dazu. Die Versicherer erstellen Besucherleitfäden. Und mit Hilfe von Check- oder Traktanden-Listen ist sichergestellt, dass in der persönlichen Beratung alle Punkte zur Sprache kommen. Kernstück ist bei der Sachversicherung die Aufnahme des Betriebsinventars, um die richtige Versicherungssumme zu eruieren.

Auch bei der Zurich und der Mobiliar gehen die BeraterInnen vor Ort. Relativ neu hinzugekommen ist das Risiko der Cyberkriminalität . Gestiegen sind sicher Klimarisiken, Strommangellage, Abhängigkeiten in global vernetzter Wertschöpfungskette und dadurch drohende Lieferengpässe, schreibt Leilah Ruppen von der Medienstelle der Mobiliar.

David Schaffner von der Zurich ergänzt: «Die Gefährdung durch Cyberrisiken hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht.» Denn: Wie in anderen Branchen erlaubt die Digitalisierung auch in der Landwirtschaft, Prozesse zu überwachen oder zu automatisieren. Mit solchen Prozessen erhöht sich auch das Risiko für Cybervorfälle.

Die drei Versicherungen merken an, dass in mehreren Kantonen zwar eine Gebäudeversicherung gegen Feuer- und Elementarereignisse obligatorisch sei. Doch erstaunlicherweise sind weder Betriebshaftpflicht- noch Betriebssach-Versicherungen obligatorisch. Thomas Hauri wird sehr deutlich: «Ein Betrieb ohne Betriebshaftpflicht ist aus unserer Sicht unverantwortlich.»

Die eigene Risikobereitschaft erkennen

Womit wieder ETH-Professor Robert Finger ins Spiel kommt. Die Forschung seines Teams dreht sich auch darum, welches Risiko-Management für welchen Betrieb optimal ist und welche Innovationen sinnvoll sind. Die ETH ist auch mit Versicherungen in der Schweiz und Europa in Kontakt, wenn es um neue Angebote geht.

Er findet eine grosse Vielfalt in den Angeboten und Anbietern sinnvoll. Was dazu kommt: «Es braucht generell eine unabhängige Beratung im Bereich Risikomanagement. Das kann Landwirten helfen, herauszufinden, ob und welche Versicherung sinnvoll ist.»