Kurz & bündig
- Die Familie Duperrex vermarktet seit den 1990er-Jahren Milch und Fleisch direkt.
- Seit 2018 ist der grosse, moderne Hofladen in Betrieb.
- Zusammen mit der Eventgastronomie ist die Direktvermarktung ein entscheidender Betriebszweig.
- Duperrex’ rechnen ihre Betriebszweige durch. Was nicht rentiert, wird aufgegeben.
Die Auswahl im Stöckweid-Hofladen ist gross: Von Gemüse über Cervelats bis Teigwaren, Most in diversen Gebinde-Grössen, Gläser mit süss-sauren Kürbissen, Kürbissuppe und selbst gemachter Konfitüre.
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Die Herrin über alles, was im Glas steckt, ist Maya Duperrex: Bei Bedarf kocht sie zum Beispiel Konfitüre nach. Während der Erdbeer-Saison rüstet und friert sie 2.Klass-Ware ein, im Winter taut sie die Früchte auf und verarbeitet sie. So kommt es, dass es in Knonau mitten im Winter nach Erdbeeren riecht.
Über 2000 Gläser mit Konfitüre und eingelegtem Gemüse
Die Nachfrage nach Maya Duperrex’ Produkten ist riesig: Im Jahr 2017 hat sie 860 Gläser mit eingelegten Kürbissen, Kürbissuppe und Konfitüren produziert. 2020 waren es 2881 Gläser, im Jahr 2021 hat sie 2240 Gläser abgefüllt.
Festgehalten ist dies nicht in einer hochkomplexen Excel-Tabelle. Sondern mit Bleistift in einem robusten Schreibheft. «In meinen Büechli steht alles, was ich brauche», sagt Maya Duperrex. Der Blick ins Büechli zeigt: Etwas Hintergrundwissen braucht es dann doch noch. Da stehen Vornamen und Begriffe, die für die Aussenstehende eher rätselhaft sind.
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Die Planung der Anlässe auf der Stöckweid funktioniert auf Papier
Doch das «Büechli-System» funktioniert. Und selbst Sohn Serge Duperrex, sonst eher ein Freund der modernen Technik, arbeitet zumindest teilweise damit. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, denn auch die Planung der vielen Anlässe auf der Stöckweid kommen in ein Büechli: «Und was nicht in dieser Agenda steht, das gibt es nicht», betont Maya und lacht.
Serge verdreht die Augen und erzählt, wie er einst einen Brunch per Mail bestätigt hatte und beim Besichtigungstermin mit Maya zusammen gemerkt hat, dass am gleichen Tag ein zweiter Anlass einplant war – im Büechli … «Seither wird alles eingeschrieben», erklärt Maya trocken.
Zuerst wurde das Fleisch aus Knonai im Prättigau verarbeitet
Der Hofladen hat seine Wurzeln in den 1990er-Jahren. «Not macht erfinderisch», erzählt Jean-Jacques Duperrex. Zu Zeiten des Rinderwahnsinns seien die Fleisch-Preise ins Bodenlose gestürzt. Deshalb habe er ausprobiert, was ihm Metzger Mark aus Schiers im bündnerischen Prättigau vorgeschlagen habe: Rinder im Kanton Graubünden metzgen, verarbeiten und dann in Knonau auf der Stöckweid verkaufen. Mark habe jeweils Aufzuchttiere aus der Region abgeholt und im Gegenzug Tiere ins Prättigau mitgenommen.
Duperrex’ haben schon in den 1990er-Jahren Milch vom Hof verkauft, deshalb waren sie offen für den Direktverkauf von Fleisch. Das System funktionierte und stiess auf Interesse, allerdings wechselten Duperrex’ zu einem lokalen Metzger: «Das andere System war auf Dauer zu umständlich.»
1998 war der erste Hofladen sogar transportierbar
Als mit Kürbis und Spargel weitere Produkte dazu kamen, stiess der Verkauf im Milchzimmer an erste Grenzen. In Österreich hatte Jean-Jacques erste, einfache Hofläden gesehen. Maya setzte die Idee in die Tat um: Ein Baucontainer bekam ein Dach, einen Verputz und einen Anstrich, Regale und Gefrierschränke. An der Gewerbeschau in Knonau präsentierte die Familie Duperrex im Jahr 1998 ihren eigenen, transportierbaren Hofladen.
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Anfangs machten sie – wie auch für ihr Kürbisfest und den 1. August-Brunch – etwas Werbung. Lange war das nicht nötig, nicht nur der Hofladen ist mittlerweile ein Selbstläufer. Am Kürbisfest tummeln sich mittlerweile an zwei Tagen rund 2000 BesucherInnen, am 1. August-Brunch bereiten Duperrex’ stets auch Essen für rund 60 Gäste vor, die sich nicht angemeldet haben.
Neubau mit Eventraum, Platz für Verarbeitung und einen Hofladen
Mittlerweile ist der Hofladen im neuen Gebäudeteil, der 2018 eröffnet wurde: Dazu gehört nicht nur auch ein Eventraum, den Duperrex’ während gewissen Zeiten für die Verarbeitung der Spargeln und Kürbisse sowie als Lager nutzen. Sondern eben auch der Hofladen mit Kühl- und Gefrierraum.
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Erste Ideen dazu gab es 2011. Als Serge Duperrex 2014 aus Australien zurück nach Knonau kam, wurde das Ganze konkreter. 2016 wurde geplant, die Bewilligung kam problemlos innert drei Monaten. Am 1. August 2018 war der Eventraum zum ersten Mal in Betrieb: «Zuerst wollten wir uns mit dem Innenausbau noch etwas Zeit lassen», berichtet Serge Duperrex. Doch das Interesse nach Anlässen sei so gross gewesen, dass sie sofort einen richtigen Boden einziehen liessen und den Raum am 1. November zum ersten Mal vermieteten.
Kaum Werbung für Anlässe und Hofläden auf der Stöckweid nötig
2019 führten sie 53 Anlässe durch: «Das war an der oberen Grenze», erinnert sich Maya Duperrex. Denn mit der Vermietung ist es ja nicht getan. Die Familie kümmert sich auch um die Verpflegung der Gäste. Gelernt hat das niemand, aber mit ihrem Sinn fürs Praktische war auch Kochen für 60 Leute für Familie Duperrex keine Hexerei: «Erfahrung, Rezepte hochrechnen und ab in den Ofen mit dem Gratin», fasst Maya Duperrex ihr Vorgehen zusammen.
In den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 fiel ein grosser Teil der Anlässe weg. Firmenessen fanden nicht statt, dafür packten Duperrex’ Geschenkkörbe ein und verschickten diese.
Seit Corona sind Sortiment und Umsatz massiv gewachsen
Das Interesse am Hofladen hingegen explodierte während der Corona-Zeit förmlich: Vor allem im März 2020 kamen die Neukunden in Scharen. Serge Duperrex schätzt, dass rund die Hälfte der Neukunden geblieben ist. Duperrex’ haben rasch reagiert: «Vor Corona hatten wir kein Gemüse. Als uns ein Produzent angerufen hat, der sein Treibhaus voll Salat hatte, den er sonst in die Gastronomie und auf den Markt liefert, haben wir mal drei Kistchen geholt», erzählt Jean-Jacques.
Aus den drei Kistchen wurden bald 70 Kisten Gemüse, die sie Woche für Woche im Hofladen verkauften. Mittlerweile hat sich die Nachfrage bei 10 bis 20 Kisten eingependelt. Erfolgreich ist der Hofladen immer noch: «Gegenüber 2019 war der Umsatz drei Mal höher», sagt Serge Duperrex.
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Enorm war auch die Nachfrage nach Fleisch: 2020 haben Duperrex’ das Fleisch von zehn Kühen, etwa sechs Kälbern sowie drei jährigen Mutterkuh-Rindern im Hofladen verkauft. Vorher waren es rund ein Viertel des Fleisch. Cervelat ist eines der Zugpferde des Hofladen auf der Stöckweid, neben Kürbissen und Spargeln. Aber auch frische Würste finden rasend Absatz: 380 Bratwürste sind wöchentlich in Spitzenzeiten über den Ladentisch gegangen.
Bessere Zahlungsmoral im Hofladen dank Kamera
Zieht ein solch grosses Sortiment nicht auch Langfinger an? «Die Zahlungsmoral ist deutlich besser, seit wir eine Kamera installiert haben», sagt Serge. Wer Ware klaut oder wen sie beim Griff in die Kasse erwischen, der wird gestellt. «Das sind unangenehme Gespräche», sagt Maya Duperrex ganz klar.
Die Polizei haben sie in einigen wenigen Fällen kontaktiert, mindestens in einem Fall sei der Dieb dann auch verhaftet worden. Praktisch sei, dass mittlerweile ein grosser Teil der Kundschaft mit Twint bezahle.
Klare Kalkulation, um die Preise im Hofladen stabil zu halten
In ihren Preisberechnungen orientieren sich Duperrex’ beim Fleisch an den Ladenpreisen in der Metzgerei: «Wir sind leicht billiger», sagt Serge Duperrex. Dies, weil das Fleisch gefroren und fix abgepackt sei, im Gegensatz zur Metzgerei, wo der Kunde seine Wünsche bezüglich Menge angeben kann. Grundsätzlich wollen sie die Preise stabil halten. Wenn sie die Preise anheben, wollen sie auch auf diesem Level bleiben. Reaktionen auf Preisveränderungen gebe es kaum, Maya erinnert sich nur an eine Kundin, die unzufrieden war, nachdem die Eier etwas teurer wurden.
Bei ihrer Kalkulation gehen sie beim Gemüse von einer Marge von 30 bis 50 Prozent aus. Bei den Kartoffeln liegt sie noch höher, da sie diese günstig einkaufen können. Die Richtpreise für Direktvermarktung des SBV verwenden sie, allerdings mit Anpassungen: «Bei der Konfitüre sind die Richtpreise zu tief», stellt Maya klar. Fast alle Beeren seien teuer im Einkauf und bei ihr haben die Produkte einen Preis, der auch ihre Arbeitszeit in den Verkaufspreis einberechnet.
Kein Brot, aber immer wieder neue Produkte im Angebot
So breit das Sortiment ist, gewisse Produkte bieten Duperrex' bewusst nicht an. Brot gibt es im Hofladen keines: «Backen will ich nicht auch noch», sagt Maya Duperrex. Um mit Backwaren Geld zu verdienen, brauche es enorm hohe Mengen. Zudem binde die Backerei: Denn wer einmal frischen Zopf anbiete, müsse das jeden Sonntag tun.
Den Hofladen sieht die ganze Familie auch in Zukunft als wichtiges Standbein. Das Angebot passen sie an die Essgewohnheiten ihrer Kundschaft an, probieren aber auch einfach Neuheiten aus und tasten ab, ob diese Produkte ankommen. So mag etwa Serge Rindstatar sehr und hat deshalb das Produkt testweise in den Hofladen aufgenommen. «Ich habe das in meinem WhatsApp-Status erwähnt», sagt er. Mittlerweile gehört Tatar fix zum Sortiment.
Auch das Käse- und Gemüsesortiment ist gewachsen. Der ursprüngliche Gemüselieferant hat sein Geschäft in der Zwischenzeit übergeben, nun können Duperrex’ häufiger unter der Woche bestellen, die Ware auf Rechnung beziehen und genauer analysieren, was gut läuft und was weniger.
Betriebszweige, die nicht rentieren, geben Duperrex’ auf
Analysieren, das können in der Familie Duperrex alle. Und was nicht rentiert, wird emotionslos aufgegeben. So geschehen mit der Obstanlage, die Maya Duperrex’ Eltern gehört hat: «Wir hatten schlicht keine Zeit, die Anlage richtig zu pflegen», sagt Jean-Jacques Duperrex. Es rentiere hingegen, die Äpfel und den Most einzukaufen.
Aufgegeben haben Duperrex auch den Kartoffelanbau und den Verkauf von Weihnachtsbäumen. «Mit den Kartoffeln haben wir schon vor 20 Jahren aufgehört», sagt Jean-Jacques. Zu viel habe gefehlt: Maschinen, Paloxen, Platz für die Lagerung. «Kartoffeln kannst du nicht einfach nebenbei produzieren», sagt er. Der Anbau sei anspruchsvoll – und Serge erinnert sich ungern daran, wie er und seine Schwestern Kartoffelkäfer ablesen mussten. Die ganze Familie ist sich einig: Die Betriebszweige müssen eine Rendite abwerfen.
Deshalb haben sie auch den Verkauf von Weihnachtsbäumen aufgegeben. Auf knapp 20 Aren lohne sich das nicht, die Produktion sei heikel und die KundInnen anspruchsvoll. Gefragt seien Edeltannen, nicht Rottannen. Einige wenige Bäume verkaufen sie noch, aber eher im Sinn der Kundenbindung.
Die Anlässe bringen neue Kunden auf den Betrieb
Die Kundenbindung läuft bei Duperrex’ zum einen über die Qualität der Produkte, zum anderen über die beliebten Anlässe wie das Kürbisfest. 2020 und 2021 konnten sie den traditionellen Anlass nicht durchführen, 2020 wegen Corona, 2021 wegen der schlechten Ernte. Nun hoffen sie, dass Ende September 2022 wieder viele Gäste auf den Hof kommen. Denn die Kürbisse bringen ihnen aus dem nahen Kanton Zug viele englischsprachige Kunden. So liefern Duperrex' der International School seit vielen Jahren Kürbisse für Halloween, die Eltern der SchülerInnen haben in der Zwischenzeit den Hofladen entdeckt.
Einen Onlineshop bieten Duperrex’ nicht an. Serge hat sich seine Gedanken dazu gemacht, er betreut mit seiner Schwester Fabienne zusammen den Webauftritt der Stöckweid.
«Ein Onlineshop ist aufwändig zu bespielen.» So müssten etwa die Portionen zum Beispiel beim Käse immer gleich gross sein. Abpacken und Verschicken bringe Aufwand mit sich.
Zudem haben er und seine Eltern gerne Leute auf dem Hof, auch wenn es gerade in der Kürbis-Hochsaison sehr viele Menschen werden, die Auskunft wollen. «Manchmal muss ich mich dann abgrenzen und das Klingeln einfach überhören», sagt Maya Duperrex.
Betriebsspiegel Stöckweid
Serge und Jean-Jacques Duperrex, Maya Duperrex, Knonau ZH
LN: 47,5 ha plus 2,8 ha Wald
Kulturen: Silomais, Winterweizen, Wintergerste, Urdinkel, Kunstwiesen, Kürbis, Spargel, Streuwiesen
Tierbestand: 57 Milchkühe (H, RH, Brown Swiss)
Weitere Betriebszweige: Lohn-arbeiten (Silieren, Mähen, Saaten), Direktvermarktung mit Hofladen, Hofgastronomie, Solaranlage, 1. August Brunch
Arbeitskräfte: Jean-Jacques, Maya und Serge Duperrex, Lehrling Jan Burkard (50 %), 1 Saisonnier (März bis November), diverse Aushilfen und Tagelöhner
www.stoeckweid.ch
