Kurz & bündig
- Drei Jahre haben Margrit und Gusti Schmutz in Waldenburg BL überlegt und geplant, bis sie sich für den Neubau eines Milchvieh-Laufstalls entschieden haben.
- Besonderen Wert legten sie auf ideale Arbeitsabläufe sowie auf den Tier- und Arbeitskomfort.
- Im Melkstand ist deshalb ein Hubboden eingebaut.
«Meine Männer», stellt Margrit Schmutz (56) ihren Mann Gusti Schmutz (50) und ihren Sohn Jonas (25) vor. «Offensichtlich, dass wir einen Melkstand mit Hubboden brauchen, oder?», sagt sie und lacht: Die beiden sind mehr als einen Kopf grösser als Margrit Schmutz.
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Seit März 2021 ist das Melken auf dem Kellenberg – dem Elternbetrieb von Margrit Schmutz – eine ihrer Hauptaufgaben.
Zuvor wurde auf dem Betrieb Kilchzimmer gemolken, der rund 20 Autominuten entfernt liegt. Dieser ist der elterliche Betrieb von Gusti Schmutz, den sie bis Ende 2020 rund 20 Jahre unter Pacht bewirtschaften konnten.
Gemolken wurde im Betrieb Kilchzimmer in einem Tandem-Melkstand. Dort arbeitete vor allem Gusti Schmutz zusammen mit seinem Vater Gusti Schmutz senior.
Während Gusti Schmutz oft auf dem Betrieb Kilchzimmer und damit den ganzen Tag abwesend war, wirkte seine Ehefrau Margrit Schmutz auf dem Betrieb Kellenberg: «Ich habe mich um Rinder und Kinder gekümmert», sagt sie und lacht. Die rund 70 Aufzuchtrinder stehen im alten Stall, zum Teil noch angebunden.
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Familie Schmutz hat drei Kinder, die mittlerweile erwachsen sind. Margrit Schmutz ist Meisterlandwirtin und diplomierte Bäuerin. Sie und ihr Mann teilen sich sämtliche Aufgaben auf dem Betrieb. Über viele Jahre haben sie mit einem Angestellten oder Praktikanten gearbeitet, seit 1. November 2023 ist Sohn Jonas Schmutz Vollzeit angestellt.
Wegen Pachtverlust am Ende für einen Neubau entschieden
Da die Pacht des Betriebes Kilchzimmer im Jahr 2020 ausgelaufen ist, gingen dadurch rund 25 ha Land sowie der Laufstall für 40 Kühe verloren. Deshalb musste sich die Familie Schmutz Gedanken über die Zukunft machen. «Dann hatten wir Glück und bekamen beim Betrieb Kellenberg einen Nachbarbetrieb zur Pacht angeboten», erklärt Margrit Schmutz.
Dieser Betrieb umfasst 18 ha Land, ein Wohnhaus, in dem die älteste Tochter Sarah Schmutz wohnt, sowie einen Stall, in dem ein Laufstall für Rinder eingerichtet wurde. Auch Kleintiere wie Ziegen, Esel, Kaninchen und Hühner wurden dort untergebracht. Dank einer selbst gebauten Brücke über den Bach ist das Weideland des neuen Pachtbetriebes vom Kellenberg aus gut erreichbar. Bis sich Familie Schmutz für den Bau eines neuen Milchvieh-Laufstalls auf dem Kellenberg entschied, dauert es rund drei Jahre. Im November 2023 sagt Margrit Schmutz: «Nach der Eingewöhnungsphase für Mensch und Tier sind wir zufrieden.»
Im neuen Stall steht einsteiler Fischgrät-Melkstand
Die Milchkuhherde der Familie Schmutz besteht aus RH-, SF-, und HO-Kühen und hat eine Milchleistung von durchschnittlich 8000 Kilo. Gemolken wird im neu gebauten Stall in einem Melkstand mit dem steilem Fischgrätsystem von hinten. Es werden jeweils sieben Kühe gleichzeitig gemolken.
Im Melkstand hat Familie Schmutz einen Hubboden eingebaut: Zum einen, weil Gusti, Margrit und Jonas Schmutz unterschiedlich gross sind – aber auch die Kühe.
Die Kühe werden vor dem Melken in die eine Hälfte des Laufstalles getrieben. So können sie auf dem Laufhof oder im Laufgang auf den Melkvorgang warten. Das hat mehrere Gründe: «Auf fast 1000 Meter über Meer ist das Wetter nicht immer sehr angenehm. Im Winter bläst die Bise über den Laufhof. Unsere Erfahrung ist, dass dies schlecht für das Euter ist. Im Sommer hingegen bringen die Kühe Ungeziefer in den Melkstand», erzählt Gusti Schmutz. «Deshalb geben wir den Kühen die Möglichkeit, auch im Laufgang zu warten.»
Der Nachteil dieses Systems ist, dass sich einige Kühe in den Liegeboxen niederlassen und Margrit Schmutz die Kühe in den Melkstand treiben muss. Da die Kühe nach dem Melken aber ans Fressgitter gelassen werden, wo eine neue Futterration auf sie wartet, gehen die meisten Kühe gerne in den Melkstand.
«Wir ziehen alle unsere Tiere selber gross»
Margrit Schmutz, Meisterlandwirtin und dipl. Bäuerin
Die Kühe sind sehr zutraulich und erschrecken nicht einmal von der Fotografin. «Darauf legen wir grossen Wert», sagt Margrit Schmutz. Die Tiere werden alle auf dem Betrieb geboren und von der Familie Schmutz selbst aufgezogen. Um das Wohlergehen der Tiere sind die Betriebsleiter sehr besorgt.
Die betonierte Lauffläche im Laufstall wird regelmässig aufgeraut, auch im Melkstand wurde ein trittsicherer Belag eingearbeitet. Das ermöglicht den Tieren eine natürliche Bewegungsfreiheit.
Die Brunsterkennung ist im Neubau einfacher geworden
«Auch für uns hat das einen Vorteil», erklärt Gusti Schmutz. «Seit wir den Betonboden auffräsen, ist die Brunsterkennung viel einfacher, da die Kühe ihr Brunstverhalten besser zeigen. Das hat für uns auch einen positiven finanziellen Aspekt.»
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Nach dem Melken wäscht Margrit Schmutz den Melkstand. Nebst der individuell einstellbaren Arbeitshöhe schätzt Margrit den Hubboden auch, weil er aus Kunststoff ist. «Ich bin eigentlich ein Gfrörli, aber hier friere ich nicht», sagt sie. Warme Füsse machen das Arbeiten deutlich angenehmer.
Der Hubboden besteht aus Kunststoffelementen, die wie ein Puzzle zusammengesteckt sind. Mit dem Hubboden fährt sie auch während dem Waschvorgang hoch und runter: «Wenn ich das System schon habe, nutze ich es auch», sagt sie.
Vor dem Baugesuch viele Neubauten besichtigt
Dass nun alles praktisch eingerichtet ist und reibungslos klappt, ist das Ergebnis der erwähnten, dreijährigen Bedenk- und Planungsphase. Gusti und Margrit Schmutz haben viele Neubauten besichtigt, um herauszufinden, was sie wollen und was auf ihren Betrieb passen würde.
Zusammen mit der Agroplanung Michael Frei konnten sie Ende 2019 das Baugesuch einreichen. Da das Bauen auf 1000 Meter über Meer kostspieliger ist als im Flachland, mussten sie Abstriche machen.
«Es ist teuer, hier Beton hochzufahren», sagt Margrit Schmutz. Deshalb wurde schliesslich ein Stall für nur 28 Milchkühe anstatt für 35 Kühe geplant. Am Ende haben sie rund eine Million Franken investiert. Finanziert haben Margrit und Gusti Schmutz den Stall folgendermassen:
- Bank
- landwirtschaftliche Kreditkasse
- Stiftung «Basler Zeitung hilft»
- Coop Patenschaft für das Berggebiet
- Eigenmittel
- Eigenleistungen während des Bauens
Nach dem Einreichen des Baugesuches folgten zähe Verhandlungen mit dem Lufthygieneamt wegen der Ammoniakemissionen. Es mussten Kompromisse ausgehandelt werden. So durften auf dem Laufhof nur Spaltenbodenelemente eingebaut werden, wenn vor dem Fressgitter ein Auftritt in Kuhlänge realisiert wird.
Nach der Baubewilligung ging es sehr effizient und speditiv voran
Am 25. Juni 2020 erhielten Margrit und Gusti Schmutz die Baubewilligung. Am 1. Juli erfolgte der Spatenstich und am 31. Oktober stand die gesamte Gebäudehülle mit Dach.
«Wir sind heute noch unheimlich froh über die effiziente und speditive Baumeister- und Zimmermannsarbeit», erinnert sich Margrit Schmutz. Anfangs November 2020 fiel der erste Schnee. Unter Anleitung erledigte das Betriebsleiterpaar viele Arbeiten bei der Inneneinrichtung selber. Am 12. März 2021 konnten sie mit ihren Tieren einziehen.
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Es ist ein geräumiger, heller und luftiger Stall geworden. Bei ihrem Bauvorhaben haben Margrit und Gusti Schmutz an die Zukunft gedacht. Die Liegeboxen sind gegenstellig und haben einen geräumiger Strohlagerplatz dazwischen. So kann in Zukunft dieser Platz als Kälberschlupf genutzt werden, falls der Nachfolger einmal auf Mutterkühe umstellen möchte.
«Auch ein Melkroboter liesse sich einfach nachrüsten», erklärt Gusti Schmutz. Denn das Betriebsleiterpaar hat sich gegen einen Melkroboter entschieden: «Zum einen sind wir nicht sehr Computer-affin. Zum andere befinden sich nicht alle Weiden unmittelbar neben dem Stall, so dass wir uns nicht sicher sind, ob die Kühe auch selbstständig zum Melkroboter gehen würden.»
Jonas Schmutz, der nach der Lehre zum Zimmermann und der Ausbildung zum Landwirt bei einer Firma arbeitete, die Melk-, Mist- und Fütterungs-Roboter einbaut, kennt die Vor- und Nachteile der Robotisierung im Stall. So wurde zwar auf einen Melkroboter verzichtet, dafür wurde in einen Mistsaug-Roboter sowie einen Futterzuschiebe-Roboter investiert. «Diese beiden Helferlein würde ich nicht mehr hergeben», schwärmt Gusti Schmutz.
Die Arbeitsabläufeim neuen Stall sind durchdacht
Nebst dem Gedanken an die Zukunft war die «Arbeitserleichterung» ein sehr wichtiger Punkt in der Stallbau-Planung. So wurden die beiden Laufgänge gross genug gebaut, damit man mit dem Traktor hineinfahren kann. «Dies vereinfacht einiges. Zum Beispiel können so die Häckselstroh-ballen einfach platziert werden, das Einstreuen der Liegeboxen ist viel einfacher», sagt Gusti Schmutz.
Im alten Stall musste er das Stroh mühsam mit Körben in die Liegeboxen tragen. Es sind diese Details, welche das Arbeiten nicht nur schneller und einfacher, sondern auch besser für die Gesundheit machen.
Ein weitere Vorteil der befahrbaren Laufgänge: Der Klauenpfleger, welcher zwei Mal im Jahr vorbeikommt, kann mit seinem Klauenstand direkt in den Laufgang hineinfahren. So können die Kühe direkt im Stall, in ihrer gewohnten Umgebung, behandelt werden.
Gefüttert werden die Milchkühe am Fressgitter, wobei sie auf einem Antritt stehen. Das Futter wird mit einem Mischwagen am Futtertisch abgeladen und mit dem Roboter zugeschoben. Die Tränkebecken sind alle auch am Fressgitter befestigt, so dass die Kühe während der gesamten Fütterungs- und Tränkezeit auf dem Antritt und somit 20 Zentimeter höher als der Laufgang stehen. Dies ermöglicht dem Saugroboter das Reinigen, ohne dass er eine Kuh während dem Fressen oder Trinken stört.
Weiter befindet sich an der Fressachse eine Abkalbe-/Krankenbucht für zwei Kühe. Gleich neben dem Milchraum befindet sich der Kälberstall für die Tränker, um kurze Arbeitswege einzuhalten. Im Milchraum steht der Milchkühltank, mit dem die Milch jeden zweiten Tag nach Langenbruck in die Milchsammelstelle gebracht wird. Von dort wird sie durch die Mooh als Wiesenmilch vermarktet.
Neben der Jauchegrube mit Fassungsvermögen für sechs Monate haben Margrit und Gusti Schmutz einen Regenwasser-Sammelbehälter für rund 100 Kubikmeter realisiert. Das Wasser wird zum Waschen der Melkanlage genutzt, auch werden einige Weidebrunnen damit gespiesen. Das hilft mit, Trockenphasen und der daraus entstehenden Wasserknappheit entgegenzuwirken.
Zudem produziert Familie Schmutz seit einem Jahr ihren eigenen Strom auf dem Dach. Für die Zukunft wünschen sich Margrit und Gusti Schmutz, als Familienbetrieb von der Landwirtschaft existieren zu können und längerfristige Planungssicherheiten zu haben.
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Betriebsspiegel Kellenberg
Margrit und Gusti Schmutz, Waldenburg BL
LN: 68 ha, 4,5 ha Wald
Bewirtschaftung: IP-Suisse, ÖLN
Kulturen: Grünland-Betrieb
Tierbestand: 28 Milchkühe, 70–80 Stück Jungvieh (teilweise im Aufzuchtvertrag), 2 Mutterkühe mit Kälbern, diverse Kleintiere (Esel, Hühner, Ziegen, Kaninchen)
Weitere Betriebszweige: Direktvermarktung von Fleisch und Brennholz
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Sohn Jonas Schmutz (100 %, angestellt seit 1.11.2023)
Praxistipps: Zeitsparend und gesundheitsschonend arbeiten
Darauf haben Margrit und Gusti Schmutz bei ihrem Neubau geachtet:
- Vorgängig gut planen und berechnen
- Verschiedene Objekte besichtigen
- Tier- und Arbeitskomfort
- Gute Arbeitsabläufe, gutes Klima und Licht im Stall
- Hubboden für angenehmes Melken für alle
- Abklärungen mit Fachleuten, um Streuströme zu vermeiden.
