Kurz & bündig

- Christian Wolleb und Philipp Fehlmann erfüllen die ÖLN-Anforderungen gemeinsam.
- Die Milchkühe von Philipp Fehlmann leben auf dem Windrosenhof von Christian Wolleb.
- Die ÖLN-Gemeinschaft gibt es seit 2018. Aktuell arbeiten die Betriebsleiter mit ihren Partnerinnen an einer Zukunftsstrategie.

Die Gründe, wieso sich Betriebe zu einer ÖLN-Gemeinschaft zusammentun, sind meistens sehr pragmatische: Gemeinsam ist es einfacher, eine ausgeglichene Nährstoffbilanz zu erzielen oder die Anforderungen an Biodiversitäts-Förderflächen zu erreichen.

Dossier Jahresthema 2021 «Hand in Hand» – die Serie zum Thema Zusammenarbeit Wednesday, 27. January 2021 Die unkomplizierte Zusammenarbeit ermöglicht es, die Fruchtfolge über eine deutlich grössere Fläche zu planen und damit flexibler zu sein. Zudem: «Der Aufwand für die Administration ist deutlich geringer, als wenn es beide Betriebe einzeln machen«, sagt Christian Wolleb (57). Er schätzt, dass er gut einen Viertel Zeitersparnis durch seine ÖLN-Gemeinschaft mit Philipp Fehlmann (30) hat.

Eine ÖLN-Gemeinschaft verbindet zwei selbstständige Betriebe: Im Gegensatz zu einer Betriebsgemeinschaft kommt es nicht zu einem kompletten Zusammenschluss mit gemeinsamer Rechnung. Vielmehr werden die ganzen oder einzelne Teile der Anforderungen des Ökologischen Leistungsnachweises gemeinsam erfüllt.

Die beiden Betriebe liegen im Kanton Aargau zwischen Aarau und Baden. Christian Wolleb führt in Lupfig den Windrosenhof, Philipp Fehlmann hat in Möriken mitten im Dorf seinen Hof. Die beiden haben eine Zusammenarbeit, die etwas über den gemeinsamen ÖLN-Nachweis geht. Fehlmanns Milchkühe leben nicht in Möriken, sondern in Lupfig, in einem grosszügigen Laufstall mit viel Weidemöglichkeit. Aktuell stehen sie nicht mehr auf Stroh, sondern auf Waldboden. Fehlmanns Partnerin schreibt darüber an der HAFL ihre Abschlussarbeit im Bereich Nutztierhaltung.

Die Möglichkeit, seinen Tieren deutlich mehr Komfort zu bieten, war der Hauptgrund, wieso Fehlmann die ÖLN-Gemeinschaft eingegangen ist: «Bei uns ins Möriken ist der Platz sehr begrenzt, meine Gesuche um Aussiedlung sind bis jetzt abgelehnt worden», sagt Meisterlandwirt Fehlmann. Deshalb war für ihn die Anfrage von Christian Wolleb sehr willkommen.

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Christian Wolleb hat Erfahrung mit Zusammenarbeitsformen

Für Christian Wolleb ist es bereits die dritte ÖLN-Gemeinschaft: Zuerst hat er für einen benachbarten Obstbau-Betrieb ohne Tierhaltung den Ackerbau gemacht. Danach hatte er sechs Jahre lang eine Betriebszweig-Gemeinschaft, bei der die Kühe des Partners auf dem Windrosenhof lebten. Die Gemeinschaft endete, als der Partner die Tierhaltung aufgegeben hat.

«Ich war Mitte 20, als mich Christian angesprochen hat», erinnert sich Philipp Fehlmann. Bei der Anfrage ging es um weit mehr als um eine ÖLN-Gemeinschaft. Die drei Kinder von Christian Wolleb und Ruth Aerni Wolleb wollen den Betrieb der Eltern höchstwahrscheinlich nicht übernehmen, deshalb hat sich das Ehepaar auch erste Gedanken um die Hofübergabe gemacht.

Zu diesem Zeitpunkt war der Gedanke für Philipp Fehlmann reizvoll: «Zusammen haben wir einen grossen Betrieb, ich konnte meinen Bruder anstellen, wir können unseren Tieren so deutlich mehr Komfort bieten.» Die Gemeinschaft startetet – nach einigem Überlegen – im Jahr 2018.

Fehlmann hat seine Kühe nach Lupfig gezügelt und das System der saisonalen Abkalbungen beendet: «Wegen den Lohnarbeiten war das praktisch für mich, ich konnte damit meine Arbeitsspitzen brechen.» Für die Arbeit mit dem Melkroboter auf dem Windrosenhof hingegen eignet sich die saisonale Abkalbung weniger.

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Über die Zukunft der ÖLN-Gemeinschaft diskutieren

Was als ideale Lösung begonnen hat, steht aber nun an einem schwierigen Punkt: Die beiden Landwirte sind unsicher, wie es weitergehen soll. Im Jahr 2020 hat sich gezeigt, dass die Philosophie der beiden Betriebsleiter nicht ganz die gleiche sind. Während Christian Wolleb auf die Verkehrsmilch-Produktion setzt, ist der Traum von Philipp Fehlmann und seiner Partnerin ein anderer.

Das junge Paar möchte die Milch am liebsten selbst verarbeiten. Zudem haben die beiden 2020 gemerkt, wie wichtig ihnen die Nähe zu ihren Tieren ist: «Es ist wie eine Fernbeziehung – ganz zufrieden macht uns das nicht.»

Die Fahrten von Möriken nach Lupfig frühmorgens und spät am Abend belasten Philipp Fehlmann. Und wie sehr sich solche «weichen» Faktoren auf die Motivation auswirken, «das habe ich völlig unterschätzt», sagt Philipp Fehlmann.

Der Stalldienst ist wochenweise organisiert, immer am Mittwoch findet die Übergabe statt. «Bei diesen Absprachen, da haben wir viel Verbesserungspotenzial», sagt Christian Wolleb. Selbstkritisch sagen beide Landwirte, dass sie zu selten miteinander geredet haben, ganz selbstverständlich an den eigenen Gewohnheiten festgehalten und zu wenig aufeinander zugegangen sind.

Beide Landwirte reden mit viel Respekt voneinander, sind selbstkritisch und ehrlich.

Beiden ist aber auch klar: «Wir brauchen eine Lösung, die für uns menschlich, aber natürlich auch finanziell stimmt», sagt Christian Wolleb. Mit Blick auf die Hofübergabe sagt er, dass er und seine Frau sich noch etwas zu jung für einen definitiven Entscheid fühlen – dass sie aber verstehen, dass Philipp Fehlmann und seine Partnerin gemeinsam etwas aufbauen möchten.

«Wir haben Angestellte, ich möchte meiner Partnerin die Möglichkeit bieten, mitzuarbeiten. Arbeit haben wir sicher genug. Doch wir müssen auch Löhne zahlen können», gibt Philipp Fehlmann zu bedenken.

Nächster Schritt in der ÖLN-Gemeinschaft: Eine Auslegeordnung

Als nächster Schritt wollen die Betriebsleiter nun eine Auslegeordnung machen. Gemeinsam mit den Partnerinnen und Fehlmanns Bruder Patrick wollen sie an einen Tisch sitzen und die unterschiedlichen Ideen besprechen.

Der Entscheid über die Zukunft muss bis in den Spätsommer fallen, denn zu diesem Zeitpunkt steht die Anmeldung für die Direktzahlungen an. «Bis dann brauchen wir eine Strategie», sagt Philipp Fehlmann.

Raus auf die Weide und auf den Acker

Der Alltag geht trotz unsicherer Zukunft weiter: Mitte März mit der Klauenpflege, die Weidesaison beginnt. Auf den Feldern steht die Zuckerrübensaat bevor, das Silieren und die Maissaat.

Der Maschinenpark von Wolleb und Fehlmann ist effizient eingerichtet. Gemeinsam haben die beiden eine Rundballen-Presse gekauft, sonst gibt es keine gemeinsamen Fahrzeuge. Für die Arbeitsspitzen beim Silieren lassen sich die beiden von einem Lohnunternehmer helfen.

Neben der Milchproduktion und dem Ackerbau haben beide Betriebe weitere Standbeine: Auf dem Windrosenhof leben sechs Pensionspferde, Ruth Aerni Wolleb und Christian Wolleb haben zudem sechs eigene Pferde und züchten Freiberger.

Philipp Fehlmann produziert eigenes Sonnenblumen- und Raps-Öl, das er über Hofläden und Volg-Filialen vermarktet. Die Sonnenblumen lässt er in einer Mühle trocknen, alle anderen Arbeitsschritte macht er selber. Dabei kommt er auf sechs bis acht Tonnen Raps pro Jahr und ein bis zwei Tonnen Sonnenblumen. Die Ölmenge beträgt rund einen Viertel des Tonnengewichts.

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Entspannt unterwegs bei der Nährstoffbilanz

Den Hofdünger haben Wolleb und Fehlmann bis jetzt noch nie einer Gehaltsanalyse unterzogen: Da ihre Betriebe nicht extrem intensiv unterwegs sind, seien die Stickstoff- und Phosphor-Gehalte sogar eher im tieferen Bereich. Der Hofdünger verteile sich gut und entspannt auf den Landflächen, erklären die beiden. Damit die Nährstoffe für die Bodenlebewesen schneller verfügbar sind, setzen sie den Mist an Kompostmieten zwei bis drei Mal um.

Christian Wolleb schätzt an seiner ÖLN-Gemeinschaft, dass die Bewirtschaftung einfacher wird: «Wir verteilen die Nährstoffe dort, wo es nötig ist.»

Dennoch bleiben die Landwirte selbstständig – wie selbstständig sie in die Zukunft gehen, wird sich weisen. Aus seiner Erfahrung weiss Wolleb, dass sich Gemeinschaften auflösen können und sich immer wieder eine neue Lösung findet. «Aber je klarer die Regelungen am Anfang sind, desto einfacher ist auch eine Trennung», sagt er. Wenn es bei Philipp Fehlmann und Christian Wolleb soweit kommen sollte, ist das eine gute Perspektive.

Definition ÖLN-Gemeinschaft

Zwei oder mehrere Betriebe können den ganzen ÖLN oder einzelne Teile davon zusammen erfüllen. Sie bilden zu diesem Zweck eine ÖLN-Gemeinschaft. Die Betriebszentren der beteiligten Betriebe müssen innerhalb einer Fahrdistanz von maximal 15 km liegen.

Ein Betrieb kann sich nur an einer ÖLN-Gemeinschaft beteiligen. Die Beteiligung an einer ÖLN-Gemeinschaft muss schriftlich geregelt und vom Kanton bewilligt werden. Eine ÖLN-Gemeinschaft muss durch die gleiche Kontrollorganisation und über den vertraglich geregelten Bereich geprüft werden.

Folgende Teilbereiche oder Kombinationen davon können durch eine ÖLN-Gemeinschaft gemeinsam erfüllt werden:

  • Gesamtbetrieb
  • Nährstoffbilanz
  • Anteile BFF
  • Fruchtfolge, Bodenschutz und Pflanzenschutz zusammen

Werden bei der Kontrolle Mängel festgestellt, werden allen an der ÖLN-Gemeinschaft beteiligten Betrieben im entsprechenden Bereich die Direktzahlungen gekürzt.

Quelle: Agridea, KIP-Richtlinien für den ökologischen Leistungsnachweis

Betriebsspiegel Windrosenhof

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Christian Wolleb, Lupfig AG

LN: 45 ha
Kulturen: Zuckerrüben, Mais, Weizen, Gerste, Dinkel, Kunstwiesen, Ökoflächen
Tierbestand: 30 Kühe, Aufzucht ausgelagert, 4 bis 6 Mutter- und Ammenkühe, 6 eigene Pferde, 6 Pensionspferde
Weitere Betriebszweige: Pferdezucht und Pferdepension
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Ehefrau Ruth Aerni Wolleb (verantwortlich für den Pferde-Bereich), 1 Angestellter, Aushilfen bei Arbeitsspitzen

www.windrosenhof.ch

Betriebsspiegel Philipp Fehlmann

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Philipp Fehlmann, Möriken AG

LN: 30 ha
Kulturen: Weizen, Gerste, Dinkel, Raps, Mais, Zuckerrüben, Sonnenblumen, Ökoflächen
Tierbestand: 20 Aufzucht-Tiere, 20 Milchkühe
Weitere Betriebszweige: Produktion von Raps- und Sonnenblumenöl, Sä- und Erntearbeiten für Dritte
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Bruder Patrick Fehlmann