Kurz & bündig

- Der Betrieb Stöckweid wird als Generationengemeinschaft von Jean-Jacques und Serge Duperrex geführt.
- Per 1. Januar 2023 ist geplant, dass Junior Serge den Betrieb übernehmen wird.
- Senior Jean-Jacques kümmert sich weiterhin um das Vieh.
- Der Umbau des Wohnhauses hat Priorität und soll helfen, Konflikten vorzubeugen.

Es war der 1. Mai 1985, als der damals erst 35-jährige Jean-Jacques Duperrex den Betrieb von seinem Vater übernommen hat. «Das lief alles ziemlich einfach und unspektakulär ab», erinnert sich Jean-Jacques Duperrex. «Es gab keine grossen Diskussionen. Wir legten alle Zahlen offen, die Geschwister waren samt und sonders einverstanden und es herrschte vollständige Transparenz. Als Basis diente die Ertragswertschätzung, und das Inventar war ziemlich überschaubar», so der Senior-Chef des Betriebes Stöckweid in Knonau ZH.

Dossier Jahresthema 2022 «Schulterblicke» Thursday, 23. December 2021 Auch Ehefrau Maya erinnert sich an die Übergabe. «Nach der Übergabe war es so, dass Jean-Jacques möglichst sofort einen neuen Laufstall für das Vieh bauen wollte. Ich legte aber mein Veto ein und wollte, dass wir zunächst das Haus umbauen, damit Jean-Jacques und ich eine separate Wohnung für uns hatten.» Das sei rückblickend eine gute Entscheidung gewesen, räumt heute auch Jean-Jacques ein. Den Laufstall realisierte er dann später.

Das erste Jahr nach der Übergabe sei für Jean-Jacques Duperrex nicht besonders intensiv gewesen, erinnert sich der Noch-Betriebsleiter. «Der Betrieb lief wie gewohnt nahtlos weiter. Ich habe bereits vorher ziemlich viel auf dem Betrieb mitgearbeitet, und im Gegensatz zu heute war das Büro überschaubar. Es gab kaum Aufzeichnungen, die wir machen mussten, und auch noch keine Direktzahlungen. Da blieb genug Energie übrig, um mit viel Eigenleistung das Haus umzubauen.»

Die Geschichte scheint sich auf der Stöckweid zu wiederholen

Rund 30 Jahre später – 2016, bei der Gründung der Generationengemeinschaft – wurde bei Familie Duperrex wieder die Hofübergabe diskutiert.

Dieses Mal jedoch mit einer anderen Rolle für Jean-Jacques: Er ist neu der übergebende Part, sein Sohn Serge steht zwischenzeitlich in den Startlöchern. Bereits bei der Gründung der Generationengemeinschaft sei angedacht gewesen, dass der Betrieb in rund fünf Jahren definitiv an Serge Duperrex übergeben werde.

Für Serge Duperrex war eigentlich schon immer klar, dass er dereinst die Stöckweid übernehmen möchte. «Bereits in der Schule durfte ich nach Rücksprache mit dem Lehrer an einigen Nachmittagen schwänzen, um zu Hause auf dem Hof zu helfen», erinnert sich der Meisterlandwirt und muss dabei lachen: «Das wäre heute wohl nicht mehr denkbar.»

Als es um die Berufswahl ging, wollte sein damaliger Lehrer, dass er nebst Landwirt noch in anderen Berufsfeldern eine Schnupperlehre macht. Serge hingegen lehnte ab, denn er wusste: «Ich werde Landwirt.»

Nun steht die Überführung des Betriebes von der Generationengemeinschaft hin zum Alleineigentum von Serge Duperrex vor der Tür. Wann genau die Übergabe erfolgt, ist noch nicht ganz klar.

«Die Unwetter vom letzten Sommer haben unsere Dächer und die Photovoltaik-Anlage beschädigt. Die Reparaturen möchten wir noch vor der Übergabe durchführen und abrechnen», gibt die Familie Auskunft.

Wenn alles nach Plan läuft, dürfte die Übergabe an Sohn Serge jedoch auf den 1. Januar 2023 erfolgen.

Seit Jean-Jacques Duperrex die Stöckweid im Jahr 1985 übernommen hat, ist der Betrieb stetig gewachsen und hat sich weiterentwickelt. Trotz gestiegenem Büro-Aufwand bleiben die Eckpfeiler der Übergabe aber dieselben.

Die Basis bildet die Ertragswertschätzung. Die Landmaschinen – ein Posten, der massiv an Bedeutung gewonnen hat – werden von einem Landmaschinenhändler geschätzt, das Vieh wird zum Buchwert kalkuliert. Eine Knacknuss ist – ebenfalls wie vor 30 Jahren – die Klärung der Wohnsituation.

Jean-Jacques wird auch nach der Übergabe weiterhin viel Verantwortung übernehmen für die Milchviehherde, sein Steckenpferd. Unter anderem deshalb ist es sein Wunsch, auf dem Betrieb wohnen zu bleiben.

Etwas anders sieht das Ehefrau Maya. «Ich könnte mir gut vorstellen, von der Stöckweid fortzugehen und in eine Wohnung im Dorf zu ziehen.»

Auf dem Hof zu bleiben ist für sie auch eine Option, jedoch nicht zu jedem Preis. «Es ist wichtig, dass Jean-Jacques und ich strikte getrennt von Serge und seiner Freundin wohnen», sagt Maya.

Mit einer sauberen Trennung lasse sich das Konfliktpotenzial gering halten, ist sie überzeugt. Sie möchte nicht, dass das Gefühl entsteht, dass einem ständig auf die Finger geschaut wird.

Der Umbau des Wohnhauses ist bereits in Planung

Daher wird, wie bereits damals, als Jean-Jacques den Betrieb von seinen Eltern übernommen, der Umbau des Wohnhauses nach der Betriebsübergabe erste Priorität geniessen. Wie genau das aussehen soll, ist derzeit häufig Gegenstand von Diskussionen am Frühstückstisch. Einen groben Fahrplan gibt es, die Übergabe ist per 1. Januar 2023 geplant.

Als externe Beratung haben Duperrex' im Frühling 2021 den SBV in Brugg hinzugezogen. Diskutiert wird viel am Tisch, und auch gegenüber den Geschwistern von Serge wird regelmässig Transparenz hergestellt und informiert. «Die Einigkeit innerhalb der Familie ist mir sehr wichtig», sagt Maya Duperrex. Und sie ist auch zuversichtlich, dass die Übergabe ziemlich reibungslos über die Bühne geht.

«Differenzen können wir in der Regel gemeinsam ausdiskutieren, und meistens geht es dabei ohnehin bloss um Bagatellen», beschwichtigt sie.

Persönlich hofft Maya, dass der Betrieb auch nach Übergabe weiterhin «rund läuft» – und dass mit der Übergabe auch die Arbeitsbelastung für sie und ihren Mann Jean-Jacques etwas abnimmt. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte bereits das Engagement einer zusätzlichen Arbeitskraft auf dieses Jahr hin sein, hofft Maya.

Nebst der Hofgastronomie hat sie sich vor allem um die Kürbisse gekümmert. Wäre es für sie schlimm, wenn Serge dereinst auf diese Kultur verzichten möchte? Maya verneint: «Die Kürbisse sind zwar schon auch mit Emotionen verbunden. Das habe ich gemerkt, als einmal sehr viele Pflanzen erfroren sind. Aber ich bin sicher, dass ich ganz gut ohne Kürbisse leben kann – dann hätte ich nämlich mehr Zeit, um etwas zu nähen.»

Jean-Jacques Duperrex' Emotionen hängen am Vieh

Mit sehr vielen Emotionen verbunden ist der Viehbestand für Jean-Jacques. Die schöne, leistungsstarke Milchviehherde ist mitunter das Lebenswerk des Seniorchefs. Er räumt ein: «Es würde mich schon fuchsen, wenn Serge plötzlich entscheiden würde, aus der Milchproduktion auszusteigen.»

Vorerst ist angedacht, dass Jean-Jacques weiterhin fest auf der Stöckweid eingebunden bleibt und sich in erster Linie um das Milchvieh kümmert. Ein vollständiger Rückzug kommt derzeit weder für Jean-Jacques noch für Serge in Frage.

Besteht da nicht die Gefahr, dass weiterhin der Vater die Entscheide fällt und Jean-Jacques nicht loslassen kann? Serge räumt ein, dass er sogar froh sei, wenn sein Vater die Verantwortung für das Vieh übernehme und ihn in diesem Bereich entlaste. Jean-Jacques gibt auch zu bedenken, dass die Milchproduktion ein sehr wichtiges und konstantes Standbein des Betriebes sei und man es sich daher sehr gut überlegen müsse, ob man darauf verzichten könnte.

Serge hat in seiner Ausbildung zum Meisterlandwirt einen Businessplan für die Umstellung auf die Mutterkuhhaltung erstellt. Die Möglichkeit für die Direktvermarktung von Fleisch, die Senkung der Arbeitsbelastung und das Erlangen von Unabhängigkeit gegenüber dem Milchmarkt waren die Motivation dafür. Serge Duperrex kam aber gemeinsam mit seinem Vater zum Schluss, dass es vorerst sinnvoller ist, weiterhin auf die Milchproduktion zu setzen.

Die Übergabe ist immer auch mit Ungewissheit verbunden

Wie es sich genau anfühlen wird, wenn der Betrieb definitiv übergeben ist, können beide noch nicht richtig einschätzen. Jean-Jacques meint dazu: «Wenn ich daran denke, ist mir schon auch ein wenig mulmig zu Mute. Es wird sicher eine grosse Herausforderung, loszulassen, aber vielleicht wird das ja auch eine sehr schöne Herausforderung? Jedenfalls ist es mir ein grosses Anliegen, dass der Betrieb weiterhin rund läuft und auch wirtschaftlich erfolgreich dasteht.»

Für Serge und Jean-Jacques hat sich das gewählte Vorgehen mit dem Übergangsschritt der Generationengemeinschaft bisher bestens bewährt. «Für mich war das ideal, um in den Betrieb einzusteigen. Ich wurde bereits früh in strategische Entscheidungen miteinbezogen und habe gelernt, unternehmerisch zu denken und zu handeln», sagt Serge Duperrex.

Auch für Jean-Jacques war die Gründung der Gemeinschaft ein wichtiger Schritt. «Ich habe bereits erstmals gelernt, Verantwortung abzugeben, wobei ich zugeben muss, dass mir das beim Büro auch relativ leicht gefallen ist», sagt Jean Jacques und lacht.

Ursprünglich war es der Plan von Jean-Jacques, sich ein neues Hobby zuzulegen – Alphorn spielen etwa – damit das Loslassen dereinst leichter fallen würde. Das ist aber bisher nicht geschehen, und Jean-Jacques würde selber nicht mehr darauf wetten, dass er mit Alphorn spielen beginnt.

Er arbeitet gerne auf dem Betrieb und schätzt die Arbeit mit den Tieren ebenso wie den Kontakt zu den Kunden, die regelmässig im Hofladen einkaufen. Und er möchte einen Beitrag leisten, dass der intensive Betriebweiterhin rund läuft.

Nach der Übernahme hat Serge Duperrex nebst viel Verantwortung auch beträchtliche Schulden. Belastet das den Meisterlandwirt? «Nein, damit kann ich umgehen. Ich habe bereits ziemlich viel Kapital in der Generationengemeinschaft, und die Zinssituation ist derzeit ja auch recht angenehm für mich», sagt Serge.

Bei Familie Duperrex werden Abmachungen am Küchentisch getroffen

Für die weitere Zusammenarbeit zwischen den Generationen bestehen keine schriftlichen Abmachungen. «Bei uns werden viele Abmachungen am Küchentisch getroffen, und das gesprochene Wort gilt», erklärt Serge Duperrex, der derzeit noch mit seiner Freundin in einem Miethaus in Mettmenstetten wohnt.

Wie ist es für ihn, zurück ins Haus seiner Kindheit zu ziehen? «Meine Freundin Faye und ich freuen uns, auf die Stöckweid zu ziehen. Faye besucht derzeit die Bäuerinnenschule, und wir sind motiviert, anzupacken und anzukommen», so Serge.

Er ist auch zuversichtlich, dass das enge Zusammenleben mit den Eltern gut klappt. «Wir versuchen jetzt bei der Planung für den Umbau des Wohnhauses alles so zu gestalten, dass wir möglichst gut aneinander vorbeikommen», sagt er.

Den Betrieb wird Serge im Alleineigentum übernehmen. Inwiefern seine Freundin Faye auf dem Betrieb eingebunden sein wird, ist noch nicht geklärt und muss sich erst noch zeigen.

 

Betriebsspiegel Stöckweid

Serge und Jean-Jacques Duperrex, Maya Duperrex, Knonau ZH
LN: 47,5 ha plus 2,8 ha Wald
Kulturen: Silomais, Winterweizen, Wintergerste, Urdinkel, Kunstwiesen, Kürbis, Spargel, Streuwiesen
Tierbestand: 57 Milchkühe (H, RH, Brown Swiss)
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten (Silieren, Mähen, Saaten), Direktvermarktung mit Hofladen, Hofgastronomie, Solaranlage, 1. August Brunch
Arbeitskräfte: Jean-Jacques, Maya und Serge Duperrex, Lehrling Jan Burkard (50 %), 1 Saisonnier (März bis November), diverse Aushilfen und Tagelöhner

www.stoeckweid.ch