Kurz & bündig

  • Landwirt Fredy Schmied in Kirchlindach BE behandelt seine Tiere seit 35 Jahren erfolgreich mit Homöopathie.
  • Schmied setzt auf die Zusammenarbeit mit Tierarzt Oskar Luder.
  • Tierarzt Luder kombiniert Komplementär- und Schulmedizin, je nach Krankheitszustand.
  • Beide sind überzeugt, dass durch eine stärkere Zusammenarbeit viele Probleme im Stall gar nicht erst entstehen. Deshalb sprechen Tierarzt Luder und Landwirt Schmied zum Beispiel im Herbst über Prophylaxe für den Winter.
  • Als Homöopathie-Anfänger steigt man am besten mit etwas einfachem ein, z.B. mit Geburten.
  • Schmied setzt Homöopathie auch vorbeugend ein, um die Konstitution seiner Tiere zu verbessern.

Alle 60 Charolais-Kühe, die Kälber und die Masttiere sind auf der Weide. «Auch im Sommer schauen wir uns jedes Tier zwei Mal pro Tag an», erklärt der Landwirt Fredy Schmied aus Kirchlindach BE.

Im Winter gestalte sich die Beobachtung leichter, sagt Schmied. Durch die Stallarbeiten wie Füttern und Streuen sei er mehr um die Tiere. Aber der Winter sei für die Tiere auch die heiklere Jahreszeit.

Homöopatische Behandlung heisst, die Tiere beobachten und vorbeugen statt behandeln

Auf dem hoch gelegenen Betrieb von Fredy Schmied windet es oft. Kommt dazu ein Temperatur-Sturz, ist Schmied alarmiert. «Wenn die Tiere auf der Weide dann noch nass werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich das eine oder andere erkältet.»

Gerade Kälber seien gefährdet, erklärt der Landwirt. In einem Fall wie diesem behandle er die Herde prophylaktisch mit Aconitum (Sturmhut/Blauer Eisenhut). Damit verbessert er die Konstitution der Herde.

«Es sind die kleinen Veränderungen, bevor ein Tier krank wird, die man als Landwirt wahrnehmen muss», erklärt er. Dafür muss man genügend sensibilisiert sein und die Tiere sehr gut kennen. «Aber auch die äusseren Umstände, wie das Wetter oder die Situation in den Stallungen, muss man beurteilen können», sagt Schmied.

Als Beispiel nennt Landwirt Schmied die Situation der Stallungen auf seinem Betrieb: «In den Tunnels haben wir viel weniger Probleme als im alten, geschlossenen Stall. Der ist etwas niedrig und hat zu wenig Luftvolumen.» Die Folge sei, dass die Tiere darin schneller ins Schwitzen geraten. Liegen die Tiere, ziehe es dann trotzdem immer ein bisschen.

«Wir halten dort nun weniger Tiere, als wir eigentlich dürften», erklärt Schmied. Damit könne man das Risiko minimieren, dass die Tiere schwitzen und in der Folge krank werden. «Voraussetzung für eine hohe Tiergesundheit ist ein sehr gutes Management in der Fütterung und Haltung», betont Veterinär Oskar Luder. Der Tierarzt aus Säriswil BE begleitet Betriebe wie jenen von Fredy Schmied nicht nur mit Schul-, sondern auch mit Komplementär-Medizin.

Eine Begleitung durch den Tierarzt verhindert Probleme mit Komplementärmedizin

«Ich will es gar nicht erst soweit kommen lassen, dass ein Tier krank wird», sagt Landwirt Schmied. Durch ein Coaching oder die Begleitung durch den Tierarzt könnten viele Probleme verhindert werden, sind sowohl Tierarzt Luder wie auch Landwirt Schmied überzeugt.

«Gerade im Herbst macht es durchaus Sinn, sich einmal mit seinem Tierarzt zu treffen und über die Prophylaxe im Winter zu sprechen», sagt Landwirt Schmied. «Das kostet vielleicht 300 Franken», ergänzt der Tierarzt, «wenn der Landwirt dadurch aber weniger Verluste hat oder eine bessere Fruchtbarkeit seiner Tiere erreicht, lohnt es sich allemal.»

«Ich kann im Gegensatz zum Tierarzt das Tier länger beobachten», sagt Schmied, «das ist ein entscheidender Vorteil.» Falls sich der Zustand eines Tieres ändert, könne er sofort eingreifen und ein entsprechendes Homöopathikum verabreichen. Das sei die bessere Variante als zu warten, bis der Tierarzt kommt, wenn das Tier schon krank ist.

Braucht es den Tierarzt dann wirklich, könne dieser auch andere Aspekte untersuchen. «Ein Sekret oder Schmerzreaktionen kann ein Tierarzt besser beurteilen», erklärt Luder.

Auch kann ein Tierarzt beurteilen, ob eine Lungenseite stärker betroffen ist als die andere. Dies sind wichtige Kriterien für die Auswahl des richtigen homöopathischen Arzneimittels.

Zudem kann der Tierarzt die Diagnose sichern: «Nicht jede Kuh, die pumpt und erhöhte Temperatur hat, ist auf dem Weg zu einer Lungenentzündung», erklärt der Tierarzt. «Sie kann auch einen Fremdkörper haben, eine Bauchfell-Entzündung oder eine Gebärmutter-Entzündung

Eine Kombination von Schul- und Komplementär-Medizin

Immer mehr Betriebe setzen Komplementär-Medizin ein, erzählt Luder, das sei erfreulich. Dennoch: «Die Komplementär-Medizin hat aber ihre Schwachstellen, genauso wie die Schulmedizin». «Idealerweise kombiniert man die Schul- und Komplementär-Medizin», sagt er. Dies nennt man «Integrative Medizin».

Dabei werde nicht das eine oder andere verteufelt, sondern je nach Bedarf des Tieres eine Behandlungsform sinnvoll eingesetzt.

«Ich behandle häufig Krankheitszustände, die schulmedizinisch nicht befriedigend ausgeheilt sind», sagt Luder und nennt ein Beispiel: «Ich behandelte ein Tier mit einer schweren Lungenentzündung. Das Tier erhielt bereits zehn Tage Antibiotika und es wurde einfach nicht besser. Mit dem richtigen homöopathischen Mittel kriegten wir die Kurve dann gerade noch. Es ist schon eindrücklich, was Homöopathie auch bei schweren Krankheiten bewirken kann.»

Homöopathie hat klare Grenzen

Es gibt aber auch Fälle, wo Luder keine Komplementär-Medizin einsetzen will. «Man muss klar die Grenzen sehen», sagt er.

Bei einer Grippe beispielsweise müsse es innerhalb eines Tages eine deutliche Besserung geben. Auch ein tiefes Klauengeschwür ohne Tierarzt nur mit Homöopathie zu behandeln, wäre nicht richtig. «Dem Tier muss man rechtzeitig fachmännische Hilfe zukommen lassen, so schreibt es das Tierschutzgesetz vor», sagt Luder. Fälle wie diese könne man aber homöopathisch unterstützen.

Eine weitere Grenze sehen Luder und Schmied in der Wahl des richtigen Mittels. «Um Durchfall zu behandeln, kommen gegen 300 Mittel in Frage», erklärt Luder, «das richtige zu finden, ist je nach Situation eine grosse Herausforderung.»

Mit «einfachen» Fällen wie Geburten einsteigen

Doch wie steigt man am besten in Homöopathie ein? «Am besten beginnt man mit einem Kurs», sagt Luder, «dieser dauert bei uns vier Halbtage.» Dort lerne man die Grundlagen und die Beobachtung werde geschult. «Es gibt Leute, die einfach nicht gut beobachten. Andere sind sehr gut darin», stellt Luder fest.

Danach sollte man mit einem Teilgebiet beginnen. «Eine Geburt bietet sich als Einstieg gut an», erklärt er. Sie sei weniger schwierig und man könne gut nach Lehrbuch behandeln.

Tierarzt Luder nennt ein weiteres Beispiel: «Abends um 9 Uhr bemerkt man bei einem Kalb, dass es pumpt und Fieber hat, aber getrunken hat es noch. Dort kann der Landwirt Aconitum geben und den Tierarzt am Morgen anrufen, falls sich der Zustand nicht verbessert. Oder ein um 6 Uhr morgens bemerkter Viertel kann mit Belladonna behandelt werden. Wenn der Tierarzt um 10 Uhr kommt, sieht man bereits, ob sich am Zustand der Kuh etwas verändert hat.»

«So komme man langsam in die Thematik hinein», erklärt Luder. Als er selber vor 35 Jahren durch einen Bandscheibenvorfall zur Homöopathie kam, waren die Kenntnisse über Veterinär-Homöopathie noch recht bescheiden. Ähnlich war es bei Fredy Schmied. Der Landwirt kam ebenfalls über die Human-Medizin zur Homöopathie.

Von Luders Behandlungen sind etwa 15 Prozent homöopathische. «Das könnte ich auf jeden Fall noch ausbauen», sagt Luder.

Mit Homöopathie lassen sich Behandlungskosten sparen

«Im besten Fall habe ich keine Krankheitsfälle im Stall», sagt Landwirt Schmied. Damit spare er Arbeitskosten und habe keine Einbussen durch schlechtere Tageszunahmen oder eine schlechtere Reproduktionsleistung.

«Globuli kosten heute zwar ein fünffaches wie noch vor 30 Jahren. Trotzdem kostet eine Behandlung pro Kalb nur ein paar Franken», sagt Schmied. Der Tierarzt ergänzt: «Wenn ich ein Kalb spritze, kostet es schnell 70 bis 90 Franken». Bei schlechten Zunahmen gehe es dann schnell um hunderte Franken.

«Natürlich muss sich ein Landwirt Zeit für die Beobachtung Zeit nehmen», sagt Luder, «aber das sollte er so oder so.» Weiter sollten Landwirte die Bereitschaft mitbringen, einen Kurs zu besuchen und eine gewisse Offenheit für Neues mitbringen.

Landwirt Schmied erstellt eine Homöopathie-Checkliste für seine Mitarbeiter

Landwirt Fredy Schmied hat schon jahrelange Erfahrung mit Homöopathie. Durch die Grösse des Betriebs bedingt, arbeiten auch andere Leute mit. «Bei mehreren Mitarbeitenden ist es wichtig, dass man über die einzelnen Tiere spricht und eine saubere Übergabe beim Schichtwechsel macht».

Die vielen Erfahrungen von Fredy Schmied haben die jüngeren Mitarbeiter und zukünftigen Hof-Nachfolger noch nicht. Schmied hat eine deshalb eine Checkliste entworfen, die den Einstieg erleichtern soll. «Aber das Wissen aneignen, das muss man dann selber», resümiert er.

 

 

Betriebsspiegel
Betriebsgemeinschaft Schmied und Tretow

Fredy Schmied und Iwan Tretow, Kirchlindach

LN: 35 ha und eine Alpweide im Berner Jura

Produktionsform: Bio

Tierbestand: 60 Charolais-Mutterkühe plus Kälber, Masttiere, Aufzuchtrinder, 5000 Poulet-Mastplätze, Schafe

Betriebszweige: Mutterkuh-Haltung, Freiland-Pouletmast

Vermarktung: Sämtliches Rind- und Lamm-Fleisch wird über die eigene Metzgerei «La Boulotte»
in Bern vertrieben.

Kulturen: Silomais, Weizen

Arbeitskräfte: Fredy Schmied und Benjamin Schmied, Iwan Tretow, eine Lernende

www.biofreilandfleisch.ch

www.laboulotte.ch