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Kurz & bündig
- Sepp und Thomas Müller haben ihr Lohnunternehmen auf Pflanzenschutz-Dienstleistungen spezialisiert.
- Das Lohnunternehmen setzt ein grosses Fachwissen und moderne Ausbringtechnik ein.
- Der Austausch mit der Bevölkerung ist ihnen wichtig. Sie erklären die Zusammenhänge ihrer Arbeit am liebsten direkt im Feld.
- Viele Konsumenten interessieren sich für den Pflanzenschutz.
Die meisten Menschen haben durch fehlendes Wissen falsche Vorstellungen vom Pflanzenschutz», sagt Thomas Müller klipp und klar. Er meint es jedoch nicht abschätzig und hat Verständnis: «Woher sollten sie es auch wissen?», fragt er und zuckt die Achseln.
Thomas Müller führt mit seinem Vater Sepp einen Landwirtschaftsbetrieb in Ruswil LU mit Mutterkühen, Futter- und Ackerbau. Als Lohnunternehmer hat sich Vater Sepp Müller bereits vor vielen Jahren auf Feldspritzen-Dienstleistungen spezialisiert. Die beiden setzen die Tradition fort und haben im Jahr 2019 in einen Befüll- und Waschplatz investiert.
Sachlich informieren über Themen aus der Landwirtschaft
Derzeit warten zwei Initiativen auf ihren Abstimmungstermin. Sie wollen den Pflanzenschutzmittel-Einsatz stark einschränken oder ganz verbieten. Wie kann man unter diesen Voraussetzungen in eine Zukunft als Dienstleister für Pflanzenschutzarbeiten investieren?
Thomas Müller ist zuversichtlich, dass sich die Konsumenten respektive Stimmbürger die Sache sehr genau überlegen werden, bevor sie ihre Meinung in die Abstimmungs-Urne werfen. Der Schweizer Bauernverband vom Gegenkomitee erwartet bei einer Annahme der Initiative ein Absacken der Eigenversorgung in der Schweiz auf 30 Prozent.
«Ob sich eine Mehrheit so hohen Importen aussetzen will, bezweifle ich», sagt Thomas Müller und setzt nicht nur auf das Prinzip Hoffnung und den Corona-Effekt, der den Landwirten in der Bevölkerung kurzfristig zu mehr Rückhalt verholfen hat.
Er hat andere Gründe, welche ihn positiv stimmen. Diese haben mit seiner aktuellen Ausbildung an der Agrotechnikerschule am Schluechthof in Cham ZG zu tun. Dort setzt er sich mit seiner Klasse für mehr Verständnis für die Landwirtschaft bei der übrigen Bevölkerung ein. Er konnte bereits viele gute Gespräche führen und bei vielen Menschen das Interesse an der Landwirtschaft wecken, was ihn positiv stimmt.
Seine Klasse initiierte als Projekt die Facebook-Gruppe «Farmer Facts». Damit soll die Öffentlichkeit mit Fakten informiert werden, welche sonst den Weg in die Gesellschaft kaum finden. Die Themen werden online heftig diskutiert.
«Dabei werden skurrile Behauptungen kundgetan, bei denen man auf den ersten Blick meint, jemand erlaubt sich einen üblen Scherz. Aber es ist tatsächlich ernst gemeint. Beispielsweise, dass in der Schweiz Glyphosat vor der Ernte ins Getreide gespritzt würde, damit es besser abreift.»
Das Verfahren wird weltweit praktiziert, weshalb in einigen Fällen in Import-Rohstoffen auch Rückstände nachgewiesen werden. In der Schweiz ist das Verfahren jedoch verboten. Und für Schweizer Landwirte ist es eine irre Vorstellung, so etwas zu tun.
«Wird man mit einer solchen Meinung konfrontiert, sind Diskussionen schwierig. Es gibt jene, die lassen sich ihre Meinung um keinen Preis nehmen, und ist sie noch so absurd. Und es gibt jene, welche sich ermutigen lassen und mehr wissen wollen. Und ich glaube, dass dies auch die Mehrheit ist.»
Am Feldrand anhalten und mit Spaziergängern reden
Kein Wunder, hat Thomas Müller Verständnis, wenn die Leute nicht wissen, wie die Landwirtschaft und insbesondere der Pflanzenschutz funktionieren.
Er macht jedoch sehr gute Erfahrungen, wenn er mit der Feldspritze unterwegs ist und mit Passanten ins Gespräch kommt. Das sei sogar noch besser als der Austausch im Internet. Solche Situationen erkennt er sofort. Die Leute schauen im Vorbeigehen komisch-grimmig, halten sich vielleicht die Nase zu, aber den Vogel zeigen sie meistens nicht. «Ich halte immer an und stelle die Spritze ab, wenn ich entlang eines Spazierwegs fahre und jemand vorbeigeht. Es zahlt sich aus, wenn man sich respektvoll verhält.»
Manchmal steigt Thomas Müller von der Maschine und bietet den Passanten ein Gespräch an, welches viele auch gerne annehmen. «Viele Menschen kennen heute keinen Landwirt mehr persönlich, deshalb ist ein respektvoller Umgang wichtig und dass man den Leuten einfache Sachen erklärt.» Das sei nicht nur im Ackerbau, sondern auch in der Tierhaltung so. Es mache die Leute auch stolz, etwas Neues gelernt zu haben und dies noch direkt von einem Landwirt.
Allerdings müsse man ein grosses Fachwissen haben und gut begründen können, was Sinn und Zweck der jeweiligen Pflanzenschutz-Massnahme sei und dies dann auch leicht verständlich aufzeigen.
Einmal wurde Müller gesagt, dass in dem Raps ja gar kein Unkraut sei, da müsse er doch nicht spritzen. Thomas Müller nahm den Mann mit ins Feld und zeigte ihm die Rapsglanzkäfer auf den Blütenknospen. Er erklärte, dass die Blüte ausfällt, wenn der Käfer Schaden anrichtet und der Ertrag viel geringer ist oder ausfällt. «Es kommt immer sehr gut an, wenn man direkt im Feld einen Sachverhalt erklären kann. Das ist viel wirkungsvoller als emotionale Diskussionen fernab jeglicher Fakten.»
Das Lohnunternehmen Müller hat in Pflanzenschutz investiert
Die Familie Müller macht viel für eine perfekte Arbeitsqualität. Der erwähnte Befüll- und Waschplatz nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Hier werden die Maschinen nach jedem Arbeitstag gereinigt. Dadurch ist gewährleistet, dass kein Tropfen in die Umwelt gelangt. Die Einrichtung sorgt dafür, dass Rückstände biologisch abgebaut werden.
Befüll- und Waschplatz unter einem Dach
Reinigungswasser von Feldspritzen muss in einer aktiven Güllegrube oder einem Behandlungssystem abgebaut werden. Die baulichen Voraussetzungen müssen gewährleisten, damit die Flüssigkeit nicht anderweitig abfliessen kann.
Thomas und Sepp Müller haben im hinteren Teil ihres neuen Gebäudes mit Befüll- und Waschplatz ein Biobac eingerichtet. Dabei ist eine Betongrube mit einer rund 80 Zentimeter dicken Schicht aus gutem Humus, Kompost und Häckselstroh befüllt. Darüber wird das Waschwasser aus einer Lagergrube entsprechend der Feuchtigkeit des Substrats ganzflächig darüber versprüht. Die Regelung erfolgt automatisch und mit Sensoren gesteuert.
Im Biobac verdunstet die Feuchtigkeit und die Wirkstoff-Rückstände werden durch die Aktivität des Substrats abgebaut. Die Lagergrube für das Reinigungswasser ist notwendig, damit in der Hochsaison im Frühling dort Flüssigkeit zurückgehalten und während der ganzen Vegetationszeit abgegeben wird. Ansonsten würde das Substrat vernässen.
Ein optimaler «Spritzentag» sieht bei Müllers so aus, dass am Morgen die Aufträge zusammengetragen werden und für die beiden Spritzen ein Einsatzplan erstellt wird. Dabei wird nicht nur auf den Fahrtweg der jeweiligen Spritze geschaut, sondern vielmehr auf die korrekte Abfolge der verschiedenen Kulturen und den dazugehörigen Pflanzenschutzmittel-Kombinationen.
Bevor es jedoch so weit ist, fahren Vater und Sohn Müller die Route ab und erfassen das Stadium der Kulturen, bestimmen die verschiedenen Unkräuter oder Schädlinge, beurteilen die Bodenfeuchte und beobachten die aktuelle Wetterlage.
Zudem müssen mit dem Kunden weitere wichtige Kriterien geklärt werden. Beispielsweise nach Gewässern wegen der Abstandsauflagen oder sonstiger Eintragspunkten wie Schächten.
Zudem braucht es auch Klarheit, welche Wirkstoffe in der Vergangenheit eingesetzt wurden. «Das Resistenz-Management ist ein wichtiger Punkt. Man kann beispielsweise nicht jahrelang Fungizide mit Wirkstoffen aus der gleichen Resistenzgruppe einsetzen.» Die Planung wird wesentlich erleichtert, wenn der Landwirt den Pflanzenschutz anfangs Saison vollständig an den Vollservice des Lohnunternehmers auslagert. Die Mittelwahl und die Einsatzzeitpunkte lassen sich so am besten optimieren.
Schlau planen und moderne Technik einsetzen
Es zeigt sich, dass Lohnunternehmer viel mehr Fläche ausbringen können, bis die Feldspritze das nächste Mal gereinigt werden muss, als dies für einen Landwirt im Eigengebrauch möglich ist. Da die Reinigung der Feldspritze ein Risikofaktor ist und Reinigungswasser unkontrolliert abfliessen könnte, entsteht hier ein Vorteil für den Lohnunternehmer.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Feldspritze nach einer Parzelle nicht leergefahren werden muss, wenn das gleiche Mittel auch beim nächsten Kunden eingesetzt wird.
Die Arbeitsqualität ist nicht zuletzt auch eine Frage der eingesetzten Technik. Müllers setzen an den beiden 15-Meter-Spritzgestängen automatische Einzeldüsenschaltungen ein. GPS-gesteuert wird so vermieden, dass es zu Überlappungen kommt. Der Rechner im Terminal erkennt dies und schaltet beispielsweise am Feldrand oder bei einem Dreispitz die Düsen aus. «Hier sparen wir rund 10 Prozent Aufwandmenge ein. Allerdings werden in unserer Gegend bereits viele Felder mit GPS gesät. Hier passen die Fahrgassen-Abstände meistens sehr genau und es gibt wenig Überlappungen.»
Gesunde Pflanzen benötigen weniger Hilfsstoffe
Thomas Müller ist überzeugt, dass eine optimal ernährte und gesunde Pflanze die beste Voraussetzung ist, damit möglichst wenig Hilfsstoffe eingesetzt werden müssen. «Unser Ziel ist nicht, Pflanzenschutzmittel auszubringen, sondern die Pflanzen so gesund wie möglich zu halten.»
Er nennt ein Beispiel, welches er auch schon an einem «Feldrand-Gespräch» benutzt hat: «Wenn ich mit 40 Grad Fieber den Hügel hinter dem Haus hochrenne, ist es eine Qual. Bin ich gesund, ist es ein Kinderspiel.»
Aus diesem Grund bieten Müllers auch die Flüssigdüngung an, was zugleich auch die Auslastung der Maschinen verbessert. Thomas Müller optimiert auch weitere Faktoren wie beispielsweise den pH-Wert des Wassers, wodurch bei Herbiziden die Aufwandmenge gesenkt werden kann. Und nicht zuletzt wurde der Maschinenpark mit einer Fräse für den mechanischen Wiesenumbruch ergänzt.
Noch als Zukunftsmusik sieht er die Sensortechnik zur Bestimmung der Bestandesdichte für den Fungizidbedarf, wie auch die gezielte Unkrautbekämpfung durch kamerabasierte Mengenregelung. Thomas Müller ist überzeugt, dass durch einen modernen und fachgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Nachhaltigkeit der Schweizer Landwirtschaft gewährleistet wird.
Förderung von Befüll- und Waschplätzen
Die grösste Gefahr für die Gewässerverschmutzung mit Pflanzenschutzmitteln besteht beim Befüllen und Reinigen der Pflanzenschutzgeräte.
Sogenannte Punktkontaminationen sind für über 50 Prozent aller Gewässerverschmutzungen durch Pflanzenschutzmittel verantwortlich. Seit dem 1. Januar 2018 unterstützen Bund und Kantone den Bau von Füll-und Waschplätzen für Pflanzenschutzspritzen mit Beiträgen «à fonds perdu». Die kantonalen Fachstellen für Pflanzen-und Gewässerschutz stehen den Landwirten beratend zur Seite und überprüfen die technischen Anforderungen. BLW, Agrarbericht 2019
Betriebsspiegel Thomas und Sepp Müller
Thomas und Sepp Müller, Ruswil LU
LN: 13 ha
Tierbestand: 25 Mutterkühe
Kulturen: Futterbau, Winterweizen, Wintergerste, Raps
Lohnunternehmen: 1 Selbstfahrfeldspritze mit Hangausgleich, 1 Anbaufeldspritze
Weitere Betriebszweige: Baumpflege