Eine Eierproduktion ohne Kükentöten strebt GalloSuisse an, die Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten. Jährlich betäuben und töten Schweizer Legehennen-Brutbetriebe rund 3 Mio. männliche Küken – sogenannte Eintagsküken – weil diese keine Eier legen und nicht für die Mast gezüchtet werden. Diese Küken werden in der Schweiz mit Kohlendioxid vergast. Denn seit Januar 2020 ist es in der Schweiz gesetzlich verboten, die männlichen Nachkommen von Legehennen lebend zu schreddern.
«Bedingung für eine Eierproduktion ohne Kükentöten ist eine Branchenlösung, die ethisch vertretbar und nachhaltiger ist als die heutige Praxis», erklärt Daniel Würgler, Präsident von GalloSuisse.
GalloSuisse begrüsst grundsätzlich Alternativen. Gleichzeitig ist man sich bewusst, dass sich der Erfolg der drei Alternativen bis heute in engen Grenzen hält:
Zweinutzungshühner sind immer noch sehr selten
Zweinutzungshühner werden in der Schweiz seit 2014 wieder kommerziell gehalten. Ein Detailhändler startete mit fünf Herden à 2000 Hennen. 2020 sind es noch immer 10'000 Hennen – bei einem Bestand von 3,4 Mio. Legehennen in der Schweiz.
Bruderhähne sind immer noch sehr selten
Bruderhähne werden in der Schweiz seit 2016 gemästet. Unter anderem von den Projekten «Henne & Hahn» sowie «Hahn im Glück» (Demeter).
Geschlechtsbestimmung der Küken im Ei
Geschlechtsbestimmung der Küken im Ei wird bisher erst im Ausland durchgeführt, die Methoden sind zudem noch nicht serienreif (siehe Kästchen unten). Erste Küken wurden in die Schweiz importiert und im Herbst 2020 sollen die ersten Eier in der Schweiz auf den Markt kommen.
Geschlechtsbestimmung der Küken im Ei wird erst in ein paar Jahren serienreif sein
Die Küken zum Ausbrüten kommen weltweit von wenigen Lieferanten (nachstehend in Klammern). Für den Schweizer Markt gibt es nur zwei Brüterei-Unternehmen mit je einem konventionellen und Bio-Zweig, was eine Branchenlösung vereinfacht:
- Die Animalco AG in Staufen AG mit jährlich 1,2 Mio. konventionellen Legeküken (Lohmann Tierzucht GmbH) und mit der Bio-Brüterei Lindenberg AG in Schongau LU mit jährlich 250'000 Bio-Legeküken und 1,25 Mio. Bio-Mastküken (Hubbard Breeders).
- Die Prodavi SA in Schötz LU mit jährlich 1,2 Mio. konventionellen Legeküken und mit ihrer Bio-Brüterei Bibro AG in Oberkirch mit 250'000 Bio-Legeküken und 500'000 Bio-Mastküken (von H&N International).
Diese Schweizer Brütereien sollen in ihren konventionellen Betrieben nur noch Eier ausbrüten, bei denen vorher eine Geschlechtsbestimmung im Ei stattgefunden hat. Und zwar so früh wie möglich, idealerweise am unbebrüteten Ei.
Gemäss dem Gallo-Suisse-Präsidenten Daniel Würgler kann aber noch kein Zeitpunkt für den Ausstieg festgelegt werden.
Zweinutzungshuhn
Beim Zweinutzungshuhn legen die Hennen Eier und die Hähne sind für die Mast geeignet.
Noch bis in die 1950er-Jahre waren in der Schweiz Zweinutzungshühner die Regel, deren Hennen meist nur 140 Eier pro Jahr legen. Seither sind sie von Hybrid-Rassen komplett verdrängt worden, deren Hennen bis 300 Eier pro Jahr legen.
Die Hennen von modernen Zweinutzungsrassen legen bis 250 Eier, deren Grösse aber zu 25 Prozent nicht marktkonform ist.
Und trotz höherem Futtereinsatz dauert die Mast der Hähne 2 bis 3 Wochen länger und sie haben deutlich weniger Brustfleisch.[IMG 2][IMG 3][IMG 3]
Bruderhahn
Bei der Bruderhahn-Aufzucht werden die männlichen Legehennen-Küken gemästet.
Das dauert aber länger als bei den Masthähnchen und benötigt entsprechend viel mehr und anderes Futter. Der Bruderhahn wäre deshalb für die Konsumenten rund doppelt so teuer. Das würden aber nur die wenigsten Konsumenten bezahlen, weshalb
die Bruderhahn-Projekte zur Querfinanzierung greifen.
Die Eier der Legehennen werden vier Rappen teurer verkauft und mit dem Erlös die Bruderhähne im Verkauf verbilligt.
Hoher Futterbedarf bei gleichzeitig geringer Fleischproduktion, dazu je nach saisonaler Eierproduktion leer stehende Ställe. Wegen dieser schlechten Ressourceneffizienz setzen sich Bruderhähne in der Schweiz mit Ausnahme von wenigen Projekten bisher nicht durch.
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Geschlechtsbestimmung im Ei (In-Ovo)
Bei der Geschlechtsbestimmung im Ei (In-Ovo) werden männliche Küken in einem frühen Stadium im Ei erkannt. Idealerweise am unbebrüteten Ei.
Der Zeitpunkt in der Entwicklung eines Hühner-Embryos, zu dem das Küken Schmerzen empfinden kann, ist gemäss der «BauernZeitung» («Gegen das Kükentöten: Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Ei») in der Wissenschaft umstritten:
- Vor dem 7. Bruttag ist ein Schmerzempfinden anatomisch nicht möglich (es fehlen die Nerven dafür).
- Ab dem 15. Bruttag hingegen können Küken Schmerzen wahrnehmen.
- Wie viel die Küken in der Zeit zwischen dem 7. und 15. Tag im Brutschrank spüren, ist unklar.
Diese Entwicklung verfolgen GalloSuisse und die Schweizer Brütereien genau. Aktuell bieten erst zwei Unternehmen Küken aus den Verfahren der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung am europäischen Markt an.
Bei der Endokrinologie wird das Ei am 9. Bruttag mit einer feinen Nadel angestochen. Die Hormonkonzentration in der entnommenen Flüssigkeit zeigt wie bei einem Schwangerschaftstest an, ob der Embryo männlich oder weiblich ist. Das Einstichloch ist so klein, dass es nicht verschlossen werden muss.
Dieses Verfahren hat die deutsche Seleggt AG entwickelt.
Das Hyperspectral Imaging erfasst und analysiert die geschlechtsspezifische Zellverteilung im Ei ausschliesslich von braunen Tieren am 13. Bruttag durch Wellenlängen vom ultravioletten Bereich bis Infrarot.
Dieses Verfahren hat die deutsche Agri Advanced Technologies GmbH entwickelt.[IMG 6][IMG 6]