Kurz & bündig

- Hof- und Recyclingdünger sind besonders in tierintensiven Regionen im Überfluss vorhanden.
- Sie sichern in vielen Kulturen gute Erträge bei tiefen Kosten.
- Bei den aktuell hohen Düngerpreisen ist die Zufuhr von Hofdüngern besonders interessant.
- Transport und Ausbringung der Hof- und Recyclingdünger wurde in den letzten Jahren stark professionalisiert.

Der Job von Düngeberater Othmar Vollenweider wird einfacher, wenn die Düngerpreise steigen. Er muss unter anderem Hof- und Recyclingdünger von Landwirtschaftsbetrieben und Biogasanlagen an den Mann bringen und geschickt platzieren. Wenn die Mineraldüngerpreise sehr tief sind, spürt er eine geringere Nachfrage nach Gülle, Mist und Kompost. Steigen die Preise derart wie im Jahr 2021, spürt er das ziemlich schnell.

«Es gibt besonders in den tierintensiven Regionen noch ein Potenzial, die Hofdünger optimaler zu verteilen. Die Unterschiede sind aber je nach Region in der Schweiz gross. In den typischen Tierhaltergebieten wie etwa dem Aargauer Freiamt, Teilen des Kantons Luzern, den beiden Appenzell oder im Freiburgischen fallen lokal sehr viele Nährstoffe an», sagt Vollenweider, der beim Bauernverband Aargau als Düngeberater angestellt ist.

Sind Hofdünger wertvolle Rohstoffe oder Abfallprodukte?

Derzeit werden Hof- und Recyclingdünger eher wie Abfallprodukte behandelt. Die Tierhalter oder Betreiber von Biogasanlagen übernehmen die Kosten, um ihre überschüssigen Nährstoffe zu den Landwirten zu bringen. Das dürfte sich auch jetzt – trotz steigender Mineraldüngerpreise – nicht so schnell ändern, vermutet Othmar Vollenweider. Dies, obwohl Hof- und Recyclingdünger eigentlich wertvolle Rohstoffe sind. «Für viehlose Betriebe ist es eine sehr interessante Alternative, zumindest einen Teil des Nährstoffbedarfes der Kulturen über Hof- und Recyclingdünger abzudecken», sagt der Düngeberater.

Vollenweider bewirtschaftet selber einen 25 ha grossen Remonten-Aufzuchtbetrieb mit Mais, Weizen, Raps, Zuckerrüben und Kürbissen in der Fruchtfolge. Auch bei seinen eigenen Kulturen setzt er bewusst Hofdünger aus der Region ein.

Gärgülle im Weizen bringt guten Erfolg

«Beim Weizen beispielsweise hat es sich für mich bewährt, die Startgabe mineralisch zu machen und den restlichen Bedarf mit Gärgülle von der Biogasanlage zu decken», so Vollenweider. Damit die 50 m3 Gärgülle pro Hektare über eine längere Zeit wirken, setzt der Landwirt und Berater Piadin zur Stabilisierung des Stickstoffs in der Gärgülle ein.

Das hat für Vollenweider zwei Vorteile. «Erstens spare ich Zeit und Geld, weil die Biogasgülle kostenlos geliefert und ausgebracht wird, und ich eine Durchfahrt mit dem Düngerstreuer einsparen kann», sagt Vollenweider. «Und zweitens kann ich mit der Biogasgülle einen wertvollen Rohstoff aus der Region verwerten und dadurch auch eine gewisse Vorbildfunktion für meine Kunden wahrnehmen», ist er überzeugt.

Steigerung der Nährstoffeffizienz wird immer wichtiger

Für die Zukunft sei es wichtig, die Überschüsse bei den Hofdüngern auf mehrere Betriebe zu verteilen und möglichst effizient einzusetzen. Othmar Vollenweider erklärt die Gründe: «So wie es derzeit aussieht, wird die Schraube bei den Nährstoffen weiter angezogen. Wir werden weniger Stickstoff und Phosphor auf unseren Betrieben einsetzen dürfen und müssen versuchen, Ertragseinbussen zu vermeiden. Das heisst, dass Betriebe, welche bereits jetzt Hofdünger wegführen müssen, künftig noch mehr Nährstoffe anderweitig platzieren werden müssen. Ebenfalls heisst es, dass wir unsere Hofdünger sehr gezielt und möglichst verlustarm einsetzen müssen, damit wir unsere Erträge konstant halten können.»

Hilfreich bei diesem Unterfangen sei die in den letzten Jahren stetige Professionalisierung rund um den Transport und die Ausbringung der Hof- und Recyclingdünger. «Die Lohnunternehmer haben mittlerweile eine enorme Schlagkraft, wenn es um Transport und Ausbringung von Hofdüngern geht. So können ideale Zeitfenster gut genutzt werden. Dank den eingesetzten grossen Transportfässern und der Verschlauchung auf die Felder wird heute zudem deutlich mehr Hofdünger im Ackerbau eingesetzt. Früher ist Gülle vor allem im Grünland ausgebracht worden.»

Auch im Herbst Hof- und Recyclingdünger einsetzen

Traditionellerweise wird ein Grossteil der Gülle im Frühling im Grünland, im Getreide und im Mais eingesetzt. Es sei aber auch wichtig, Hof- und Recyclingdünger im Sommer oder Herbst auszubringen. «Gülle fällt nicht nur im Winter an», gibt Vollenweider zu bedenken. So gebe es auch noch Potenzial im Raps, in Zwischenkulturen oder Gründüngungen Hofdünger effizient einzusetzen. Trotz allem, genügend Lagerkapazitäten sind zunehmend wichtiger, um den Wünschen der Abnehmer zu entsprechen.

Gülle und Mist können also helfen, den Nährstoffbedarf der Ackerkulturen zu decken. Gülle ist aber nicht gleich Gülle. Braucht es hier genauere Analysen, damit die Landwirte ihre Kulturen noch gezielter versorgen können? «Es gibt sicher noch Potenzial für technische Lösungen wie etwa die NIRS-Analyse von Hofdüngern. Aber bereits heute sehen wir dank regelmässigen Kontrollen in den Biogasanlagen, dass die Gehalte dort relativ konstant sind», sagt Vollenweider.

Technische Lösungen für effizienten Transport in der Pipeline

Hofdünger wäre also für viele Landwirte attraktiv, besonders bei den aktuell hohen Düngerpreisen. Ein Problem an der Geschichte ist jedoch, dass die Hof- und Recyclingdünger oft nicht dort anfallen, wo sie eben auch gebraucht werden würden. Dies kommt daher, weil in einigen Regionen sehr intensiv Tiere gehalten werden und in anderen die Tierbestände pro Fläche sehr tief sind.

Othmar Vollenweider hofft, dass für dieses Problem die Technik etwas Abhilfe verschaffen könnte. «Es wird daran gearbeitet, die Hof- und Re-cyclingdünger zu trocknen und zu Dünger weiterzuverarbeiten. Dass das technisch möglich ist, haben einige Firmen bereits gezeigt. Die Vorteile wären ein einfacherer und günstigerer Transport der Nährstoffe. Zudem wäre dieser Dünger ohne teures Gülleloch lagerbar, und es entstünden beim Ausbringen keine Geruchsemmissionen.»

Ein Knackpunkt ist hierbei die Kostenfrage. «Wenn aber der politische Druck auf die Nährstoffe weiter zunimmt, könnte es schon sein, dass solche technischen Lösungsansätze plötzlich attraktiver werden», vermutet Vollenweider.