Kurz & bündig
- Der Pflug wird oft durch reduzierte Bewirtschaftungsverfahren ersetzt.
- Peter Zulliger schätzt den Pflug wegen der guten Feldhygiene und Unkrautwirkung.
- Er achtet auf leichte Maschinengewichte.
Wer heute noch pflügt, ist ein halber Exot. Andere Bewirtschaftungsverfahren seien effizienter oder besser für den Boden, ist man meistens der Meinung. Die Verfahren nennen sich beispielsweise Mulchsaat, Direktsaat oder regenerative Landwirtschaft. Dabei wird viel Biomasse flach in den Boden eingearbeitet. Pflügen scheint in diesem Umfeld aus der Zeit gefallen zu sein.
Nicht so bei Peter Zulliger aus Madiswil BE. Er pflügt seine Ackerbauflächen wie eh und je. Und zwar nicht, weil er stur oder der «Moderne» abgeneigt wäre. Vielmehr sieht er im Pflug das geeignete Verfahren für seinen Betrieb mit hohen Ansprüchen an die Qualität des Ernteguts. Er baut alte Getreidesorten an, welche er mit seiner Familie selbst zu Mehl und Flocken verarbeitet und direkt vermarktet.
Das Saatgut zieht er selbst nach. Dafür braucht es eine gute Feldhygiene. Durchwuchs gilt es zu vermeiden, damit es nicht zu Vermischungen der Sorten kommt. Feldhygiene und Pflug passen gut zusammen: Sofern der Pflug so genutzt und eingestellt wird, dass er seine Vorteile auch ausspielen kann.
Saubere Oberfläche ohne Ernterückstände
[IMG 2]Bei Peter Zulliger heisst dies, dass mit dem Pflug eine saubere Oberfläche ohne Rückstände erzeugt wird. Krankheits- und Unkrautverschleppungen werden so gebremst.
Aber natürlich nur dann, wenn der Pflug das Material nicht zu tief vergräbt. Es braucht Sauerstoff, damit die Rückstände verrotten können. Gelangt das Material in eine tiefere und anaerobe Zone, wird die Masse beim nächsten Pflügen wieder an die Oberfläche gebracht. Der Trumpf des Pflugs wird zu seinem Nachteil, wenn alte Ernterückstände halbverfault herumliegen.
Aber trotz seiner Überzeugung kommt es vor, dass Peter Zulliger bei Bedarf, bei steilen und somit erosionsgefährdeteren Flächen, direkt sät. Wenn es nötig ist, hält er nicht stur an einem Verfahren fest. Er findet, dass das politische Umfeld mit der Agrarpolitik zu viel Einfluss auf die Bewirtschaftungsweise ausübt. Das würde professionell vorgehende Landwirte in ihren Entscheidungen oft zu stark einschränken.
Zulliger fände es besser, müsste er sich nicht für ein Verfahren entscheiden, das er dann immer anwenden muss. Besser wäre aus seiner Sicht, die Bewirtschaftung anzuwenden, welche aus agronomischer Sicht jeweils am besten ist. Also zum Beispiel auch mal pflügen, wenn dies je nach Situation die beste Option ist – und nicht wegen der Direktzahlungen an ein reduziertes Verfahren gebunden sein.
Auf den Pflug konnte lange nicht verzichtet werden
«Während meiner Ausbildung in den späten 1980er-Jahren war es normal, dass man die Grundbodenbearbeitung mit dem Pflug machte. Das korrekte Einstellen des Pflugs hat man in der Ausbildung intensiv geübt.» Zu jener Zeit wurde auf seinem Betrieb noch mit einem Ein-Scharpflug gearbeitet. Später wurde dieser mit einem Zwei-Schar-Lüthi-Pflug ersetzt, welcher noch heute im Einsatz steht.
«In den 1990er-Jahren habe ich mich schon gefragt, ob Pflügen noch zeitgemäss ist oder es nicht besser wäre, Direktsaat zu machen.» Das war zu einem frühen Zeitpunkt, als die Direktsaat und andere pfluglose Verfahren noch weniger entwickelt waren und es an Erfahrung, wie auch an der Technik, mangelte.
Dank dem Pflug unabhängig handeln
Peter Zulliger hatte deshalb ein Auge auf die Direktsaat geworfen, weil dies in seinen hügeligen Parzellen optimal gegen Erosion gewesen wäre. Heute nutzt er dieses Verfahren bei Bedarf. Trotzdem entschied er sich, nicht auf den Pflug zu verzichten.
Er sieht im Pflug auch mehr Unabhängigkeit für seine Betriebsbewirtschaftung. «Bei der Direktsaat müsste ich Glyphosat zukaufen und wäre auf die Chemie-Industrie angewiesen. Mit dem Pflug bin ich unabhängiger und füge dem Boden keine Fremdstoffe zu.»
Diese Gewissheit fand er auch darin, dass er sich an die Anfänge des Ackerbaus erinnerte: Damals begann die Menschheit mit einfachen Einrichtungen, das Land zu bewirtschaften und verwendete dazu pflugähnliche Werkzeuge. Mit dem Umbruch des Bodens war es möglich, Körner in ein Saatbett zu pflanzen. Diese Gedanken haben Peter Zulliger überzeugt, nicht zwingend alternative Verfahren zu suchen. Er entschied sich, den Pflug weiterhin zu nutzen.
Die Geräteeinstellung ist am wichtigsten
Seine Überlegungen machten Peter Zulliger bewusst, dass es wichtig ist, den Pflug optimal einzusetzen und die Arbeitstiefen passend zu den Kulturen zu wählen. Konkret heisst dies, nur so wenig tief wie nötig den Acker zu bearbeiten. In seinem Fall sind dies zwischen 15 bis 20 Zentimeter. Hier kommt es drauf an, ob er für Getreide oder Kartoffeln pflügt. Er stellt die Vorschäler so ein, dass Biomasse sauber erfasst und in die Furche eingearbeitet wird. Er achtet darauf, dass das Verhältnis der Arbeitstiefe und der Arbeitsbreite so zueinander stimmt, dass die Furche sauber gedreht wird und im passenden Winkel anliegt.
So wird der Boden gelockert, und die Rückstände können dennoch verrotten.
Die Nachteile des Pflugs minimieren
«Die Arbeitstiefe hat auch einen Einfluss auf die Tragkraft des Bodens. Je flacher man den Pflug einstellt, desto weniger Fahrspuren werden in einem nassen Jahr gebildet.»
Die Problematik mit Fahrspuren, wie sie beispielsweise in der Schweiz bei der nassen Getreideernte 2021 durch Erntefahrzeuge entstanden, haben ihre Ursache in der Bodentragfähigkeit und im Maschinengewicht.
Peter Zulliger setzt bei der Bodenbearbeitung einen 70 PS-Traktor mit einem Gewicht um 3,5 Tonnen ein. Das ist ein Leichtgewicht im heutigen Landtechnik-Umfeld.
Es hat jedoch den Nutzen, dass der Boden viel weniger belastet wird und Verdichtungen am Vorgewende beim Drehen geringer ausfallen oder vermieden werden können. Das verbessert den Aufwuchs der Pflanzen und die Durchwurzelung, was bis zur Ernte hin eine bessere Tragkraft für Erntemaschinen ergibt. Dadurch kann ein Nachteil des Pflugs minimiert werden.
Wenn der Boden bei der Bewirtschaftung nicht verdichtet wird, behält er seine Krümelstruktur und ist besser vor Erosion geschützt. Trotz hügeligem Einsatzgebiet hat Peter Zulliger keine Erosionsprobleme. «Nur einmal gab es ein Risiko, als ich eine Parzelle für einmal hangabwärts pflügte. Oben am Feld blieb eine Furche bestehen, in welcher sich das Wasser sammelte und an einer Stelle auch durchgebrochen ist.»
Nach dem Pflügen erfolgt die Saatvorbereitung mit einer Kreiselegge und anschliessend die Saat. «Dank dem Pflug muss ich nur wenig Pflanzenschutzmittel einsetzen. Biologisch produziere ich dennoch nicht, da ich mich nicht einschränken will und unabhängig entscheiden will. Das heisst, dass ich bei Bedarf ein Herbizid nutzen möchte», vertritt Peter Zulliger seine Haltung.
Beim Pflügen geht es um Präzision
Beim Pflügen geht es darum, den Boden auf die nächste Saat vorzubereiten und «reinen Tisch» zu machen. Dabei sollen Unkräuter und Ernterückstände in den Boden gebracht werden, damit die nächste Kultur nicht konkurriert wird. Pflügen dient der Unkrautregulierung ohne Chemieeinsatz. Allerdings ist dabei Präzision gefragt, damit der Aufwand auch tatsächlich den gewünschten Nutzen bringt.
Dies zeigt sich auch im Reglement der Wettpflüger, was eigentlich auch für das übrige Pflügen gilt. So sind gleichmässige Furchendämme einzuhalten, und das Feld muss komplett durchgepflügt sein. Das heisst, dass zu Beginn eine Spaltfurche gezogen wird, welche anschliessend wieder zurück-geschlagen wird. Damit ist gewährleistet, dass die gesamte Parzelle durchgepflügt ist und die Unkrautregulierung auch erfolgt.
Betriebsspiegel der Zulligerhof
Familie Zulliger, Madiswil BE
LN: 21 ha
Kulturen: Weizen, Dinkel, Roggen, Einkorn, Kartoffeln, Mais, Ackerbohnen
Tierbestand: 11 Milchkühe (Milch in Käserei, zum Teil selber verkäsen), Schafe
Weitere Betriebszweige: Ver-arbeitung und Vermarktung der Hofprodukte
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie
www.zulligerhof.ch

