Kurz & bündig
- Erkranken Saugferkel an Durchfall, brauchen sie unverzüglich Flüssigkeit und Wärme.
- Gleichzeitig sollte die Diagnostik eingeleitet werden. Antibiotika sollte gezielt verabreicht werden.
- Damit es gar nicht erst zu Durchfall kommt, ist es unter anderem wichtig, dass die Ferkel ausreichend Kolostrum von guter Qualität zu sich nehmen.
In den letzten Jahren war Durchfall der zweithäufigste Grund für einen Antibiotikaeinsatz bei den Saugferkeln. Ein guter Grund, diese Problematik wieder einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Durchfallerkrankungen sind multifaktoriell. Nebst Infektionserregern wirken sich auch Fütterung und Herdenmanagement auf die Gesundheit aus. Betrachtet man die infektiösen Ursachen genauer, kann man diese in bakterielle, virale und parasitäre Erreger unterteilen.
Flüssigkeit und Wärme
Für die Verdauung und die Gesundheit der Ferkel spielen zwei Vorgänge die Hauptrollen. Bereits während der Geburt nehmen die Ferkel Bakterien von der Muttersau auf, welche den noch naiven Darmtrakt besiedeln und so den Grundstein für das Darmmikrobiom bilden. Anschliessend ist innerhalb von 48 Stunden die Aufnahme von Kolostrum ausschlaggebend für die Immunabwehr während der ersten beiden Lebenswochen.
Erkranken Saugferkel an Durchfall, sollten sie unverzüglich mit Flüssigkeit und Wärme versorgt werden. Ausserdem ist es ratsam, eine fundierte Diagnostik einzuleiten, bevor eine Behandlung mit Antibiotika durchgeführt wird. So kann bei einem Bestandesproblem für die kommenden Gruppen gezielt behandelt werden. Bereits erkrankte Tiere sollen in Absprache mit der Bestandestierärztin (BTA) auf Verdacht hin medikamentös unterstützt werden. Eine antibiotische Behandlung ohne Wissen um den Infektionserreger kann das noch empfindliche Mikrobiom schädigen und so zu einer Verschlechterung der Situation führen.
Vor der Behandlung mit Antibiotika: Diagnose einleiten
Damit die Abklärung gelingt, ist die Auswahl von Proben, Labor und Testverfahren ausschlaggebend. Die BTA oder der SGD-Berater unterstützen dabei. Für sämtliche Untersuchungen müssen die Proben von Ferkeln stammen, die
- für das Krankheitsgeschehen typische Symptome zeigen,
- frisch erkrankt sind,
- selbst unbehandelt sind
- und deren Mutter nach Möglichkeit zuvor ebenfalls nicht antibiotisch behandelt wurde.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, den Ursachen auf die Spur zu kommen (siehe Kasten am Ende des Artikels). Bringt auch die mehrfache Diagnostik kein verwertbares Ergebnis, muss an andere Ursachen gedacht werden:
- Unpassende Futterzusammensetzung
- Schlechtes Sauen- und Ferkelmanagement um die Geburt
- Hygienische Mängel
- Wasser ohne Trinkwasserqualität
- Fehlerhaftes Stall- oder Ferkelnestklima
- Milchmangel der Sau und nicht ausreichende kolostrale Versorgung der Saugferkel
- Hohe Mykotoxinbelastungen
Prophylaxe: Menge und Qualität des Kolostrums optimieren
Die Bestossung der Abferkelkammern im Rein-Raus-Verfahren nach gründlicher Reinigung und einer auf mögliche Erreger abgestimmten Desinfektion hilft, einer Erkrankung der Ferkel vorzubeugen. Werden die Sauen vor dem Einstallen entwurmt und gewaschen, wird eine Übertragung von Erregern zusätzlich reduziert. Kommen die Tiere schliesslich in den Stall, sollte das Mikroklima sowohl für die Ferkel wie auch für die Sauen optimal angepasst werden.
Man kann es nicht oft genug betonen: Die Aufnahme von Kolostrum in ausreichender Menge und Qualität ist das A und O für die Ferkelgesundheit und das gesamte Schweineleben.
Die Qualität des Kolostrums ist dabei wichtig: Die Sau muss die passenden Antikörper produzieren, die es für die Gesundheit in der Herde braucht. Das Immunsystem der Sau kann angekurbelt werden mittels handelsüblicher Vakzine gegen E. coli und C. perfringens Typ A und C, stall-spezifischer Vakzine oder einer Kontaktsuppe bzw. «Backfeeding». Der Einsatz von Kontaktsuppe/«Backfeeding» ist kostengünstig, wird heute jedoch aus hygienischen Gründen und weil sich nicht alle Erreger hierfür eignen, kritisch betrachtet.
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Auch eine fachgerechte Eingliederung der Jungsauen dient zur angemessenen Immunisierung der Ferkel von Erstlingssauen.
Zudem ist in der Schweiz die Resistenzzucht für E. coli F4 weit fortgeschritten. Beim Kauf von Ebern oder Spermadosen kann auf die entsprechende R/R-Genetik geachtet werden.
Der Muttersau muss genügend geeignetes Nestbau-Material zur Verfügung stehen, um ihr natürliches Verhalten zu unterstützen und die Kolostrumbildung anzukurbeln. Zudem benötigt sie Wasser in ausreichender Menge und Qualität. Eine fachmännische Geburtsüberwachung zahlt sich auf jeden Fall aus. Bei der Geburt von grossen Würfen kann ein getrenntes Säugen versucht werden. Dafür werden die stärksten Ferkel für kurze Zeit ins Nest gesperrt.
Falls es trotz aller Bemühungen zu einer Durchfallerkrankung kommt, muss schnell gehandelt werden. Die Ferkel werden dann mit einer zugekauften oder selbst gemischten Elektrolytlösung versorgt und die Temperatur im Ferkelnest angepasst. Um eine Verschleppung der Keime zu reduzieren, muss die Reihenfolge der Tierversorgung befolgt und Gerätschaften und Stiefel gereinigt und desinfiziert werden. Auch der Einsatz eines Trocknungspulvers verhindert die ungehemmte Vermehrung von Durchfallerregern.
Fazit: Verschiedene Faktoren führen zu gesunden Ferkeln
Während und kurz nach der Geburt werden das Mikrobiom und die Antikörper von der Muttersau auf ihre Ferkel übertragen. Entsprechend sind eine gute Herdenimmunität und ein sauberes Management ausschlaggebend für eine gute Gesundheit.
Damit bei Durchfallerkrankungen eine fehlerhafte antibiotische Behandlung nicht zu weiteren Schäden am Darmmikrobiom führt, ist eine gezielte Diagnose der Ursache ausserordentlich wichtig.
Mögliche Untersuchungsmethoden
Sektion in einem Untersuchungslabor: Die Untersuchung von zwei bis drei betroffenen, unbehandelten Ferkeln, die lebend angeliefert und vor Ort im Labor euthanasiert werden, ist für die Abklärung von Durchfallerkrankungen ganz klar die Methode der Wahl. Während einer Sektion werden Gewebeproben entnommen, welche später unter dem Mikroskop beurteilt werden. Zudem werden Kot und/oder Kottupfer auf das Vorkommen von Bakterien, Viren oder Parasiten untersucht.
Hofsektion: Diese Untersuchung kann von SGD-Mitarbeitenden oder der BTA vor Ort, auf dem Betrieb, durchgeführt werden. Dabei werden Proben für weiterführende Untersuchungen entnommen und Veränderungen dokumentiert. Voraussetzungen für eine gelungene Hofsektion sind ein separater Raum, gute Lichtverhältnisse und eine abwaschbare Unterlage. Kadaver müssen nach der Sektion fachgerecht entsorgt werden.
Untersuchung von Kot oder Kottupfern: Es gibt manchmal Situationen, in denen eine Sektion nicht möglich ist. Dann bietet sich die Untersuchung von Kot oder Kottupfern an. Je nach Untersuchungswunsch werden Trockentupfer, Tupfer mit Nährmedium oder Kot eingesendet.
Für sämtliche Proben gilt:
- Entnahme erfolgt rektal.
- Mehrere Tiere beproben, Tupfer können im Labor evtl. gepoolt werden, um Kosten zu sparen.
- Proben beschriften mit Entnahmedatum, Namen des Besitzers, TVD-Nummer.
- Zeitnaher Versand nach Vorgabe gekühlt oder ungekühlt, auslaufsicher verpackt.